Wie schnell verheddern wir uns in belanglosem Alltags-Gedöns und fragen uns am Ende des Tages mit Herbert Grönemeyer: Was soll das?
Wie bitte?
"Wie können wir denn leben?" fragte Francis Schaeffer in seinem 1976 erschienen Klassiker mit dem Untertitel "Aufstieg und Niedergang der westlichen Kultur". Vier dutzend Jahre später stellt sich diese Frage noch immer. Oder erneut. Zeiten ändern sich. Und Zeiten ändern auch mich und dich. Im Westen zelebrieren wir Überfluss und Meinungsfreiheit als selbstverständliche Grundrechte. Schnell vergessen wir, dass der heutige Westen einst wild und blutrünstig war. Die Abenteuer von Bud Spencer und Terence Hill im Italo-Western "Vier Fäuste für ein Halleluja" sind harmlos dagegen.
Sich die Welt zurecht prügeln – wenn es so einfach wäre. Trotzdem: Der internationale Erfolg des vier-Fäuste Duos kam nicht von ungefähr. Sie stehen für die Werte der Nachkriegs-Generation, die den Glauben an politische Systeme verloren hat und ihr Schicksal selbst in die Hand nimmt.
Als wohl behütet aufgewachsener Pastoren-Sohn, wurde mir die unbarmherzige Welt erst vor Augen geführt, als ich mit zarten 10 Jahren durch die Schulbibliothek schlenderte und bebilderte Jahrbücher der 80er durchblätterte: Kalter Krieg, Atombomben, Tschernobyl, saurer Regen, Hungersnot, Drogensumpf, Kinder-Prostitution... Mir wurde schlagartig bewusst, wie schrecklich und grausam das Leben sein kann und wie privilegiert ich bin. Gleichzeitig stellte sich mir die Sinnfrage: Warum bin ich hier? Was soll ich mit meinem Leben anfangen? Kann ich überhaupt etwas bewirken in dieser Welt? Wie kann ich denn leben?
Diese Frage stellten sich auch viele Immigranten, die als billige Arbeitskräfte in die Schweiz reisten, um ihren Familien in der Heimat eine bessere Zukunft zu bieten. Der hierzulande bekannte Musiker Bligg – selbst Nachfahre einer Gastarbeiterfamilie aus Italien – verarbeitete die Geschichte seiner Vorfahren im Lied Secondo.
Das isch min Immigrante-Song
Sie gänd Bluet, Schweiss und Träne
Irgendwo imäne andere Land
Was wäred mir numme ohni sie?
(Bligg)
Ich schätze Bliggs öffentliche Auseinandersetzung mit seiner eigenen Geschichte. Sie weckt bei mir das Bewusstsein, dass wir alle auf den Schultern unserer Vorfahren ins Leben starten. Gleich Läufer in einem Staffellauf besteht unsere Aufgabe darin, den Stab möglichst gut zu übernehmen, unsere Strecke fokussiert zu absolvieren, um den Stab weiterzugeben, bevor wir den Löffel abgeben.
Ohne Start- und Ziellinie
Was mir dabei neu bewusst wurde: Das Leben ist kein Lauf mit Start und Ziel. Das Leben gleicht vielmehr einem Staffellauf, den wir nicht begannen und auch nicht beenden. Wir laufen lediglich eine Teilstrecke. Es gibt Läufer vor und nach uns. Das ist "the bigger picture", das grössere Bild. Es definiert vieles neu. Anders. Es nimmt den Fokus von mir weg und richtet ihn auf den grossen Lauf der Generationen. Es gibt keine klassischen Gewinner und Verlierer. Alles was zählt ist die Frage: Ist mein Lauf bedeutungsvoll? Für wen hat er Bedeutung? Nur für mich selbst? Oder auch für meine Vor-, Mit- und Nachfahren?
David ist gestorben, nachdem er seiner eigenen Generation nach Gottes Willen gedient hat. Apostelgeschichte 13,36
Gleich dem legendären König David können auch wir unserer Generation dienen und ein bedeutungsvolles Leben führen, dass die selbstlosen Opfer unserer Vorfahren ehrt, unsere Mitläufer inspiriert und unsere Nachkommen für ihren Lauf bestärkt.
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In einer Zeit, in der jeder seine Werte für sich selbst bestimmen muss, stellt sich die Frage nochmals ganz neu: Wie soll ich meinen Lauf laufen, damit er nicht sinn- und nutzlos, sondern bedeutungsvoll wird?
Der grösste Staffelläufer aller Zeiten
Die Bibel ist mein Lieblingsbuch. Warum? Weil es von Jesus handelt, dem wunderbarsten Menschen der jemals auf dem Planeten Erde lebte. Was war sein Geheimnis? Er lebte nicht um zu gewinnen. Er war bereit, alles zu verlieren. Er lebte für ein Ziel, das er nicht alleine erreichen konnte. Darum berief er Nachfolger, die seine Mission in seiner Gesinnung weiterführen. Das ist bis heute so. Jesus gehört zu den Gewinnern, weil er bereit war, sein Leben in Gottes Hand zu legen und für all das Böse zu sterben, das Menschen daran hindert, ihren Lauf bedeutungsvoll zu laufen.
Jesus ist Sieger, weil er bereit war, ein Verlierer zu sein. Er verlor seine Würde, um sie dir, uns, mir zu schenken, für einen würdevollen Lauf. Er opferte seine Schönheit, um sie uns zu schenken, die wir entstellt und schmerzverzerrt um Bedeutsamkeit kämpfen. Jesus gab sein Leben hin, um es uns anzubieten, die gleich Geistern nur noch mit hochpolierter Hülle umhertappen, innerlich abgestorben, leer und gefühlskalt. Jesus ist der Grösste, weil er sich zum Geringsten machen liess. Es war der einzige Weg, um dir Bedeutsamkeit zu garantieren, unabhängig davon, was das Leben dir antat und noch antun wird.
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Wie sollen wir den leben?
Wie wirkt sich dieses geschenkte Leben von Jesus bei mir aus? Es gibt ein Wort dafür: Resilienz.
Resilienz (von lateinisch resilire «zurückspringen» «abprallen») oder psychische Widerstandsfähigkeit: Die Fähigkeit, Krisen zu bewältigen und sie durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen als Anlass für Entwicklungen zu nutzen. (weka.ch)
Seit ich verstanden habe, wie bedeutungsvoll Jesus für mein Leben ist, veränderten sich meine Denk- und Verhaltensmuster grundlegend. Ich begann, mein Leben in die Hand zu nehmen, es aktiv zu gestalten, statt passiv zu konsumieren und alles möglichst unbeeindruckt über mich ergehen zu lassen.
Die meisten Menschen führen ihr Leben nicht. Sie akzeptieren ihr Leben. Wenn du dein Leben gut führen willst, beginnt alles mit deinen Gedanken.
– John Maxwell
Die resilientesten Menschen sind sich bewusst, was sie zu sich selbst sagen, über die Dinge, die in ihrem Leben passieren.
– John Maxwell
Entscheidend ist nicht, was dir im Leben passiert. Entscheidend ist was du darüber denkst und sagt, was dir in deinem Leben passiert.
– Valorie Burton
Wie kommentierst du dein Leben? Griesgrämig, destruktiv und pessimistisch? Oder hoffnungavoll, kämpferisch und versöhnt? Jesus öffnete mir den Weg zu letzterem.
Kreative Verarbeitung
So wie mich Gott erschuf, kommt mein kreatives Wesen immer wieder auf neue Ideen, um mein neues Lebensgefühl und die ihm zugrunde liegenden Muster zum Ausdruck zu bringen. Ich schreibe Lieder, experimentiere mit Podcasts, schreibe Blogs. Meine neuste Entdeckung: Listen mit identischem Anfangsbuchstaben. Wenn möglich fünf, sieben oder gar zehn Worte. Ganz nach den Zehn Worten der Bibel, dem Dekalog. Diese sind und bleiben unerreicht. Ich will sie weder konkurrenzieren oder paraphrasieren. Es geht mir mehr darum, meiner neu gefundenen Bedeutsamkeit Ausdruck zu verleihen und sie aktiv zu entwickeln.
Darum abschliessend für diesen ersten Teil: Zehn Worte für ein Hallelujah. Will heissen: Zehn Leitgedanken, um meiner Berufung würdig zu wandeln.
- Weniger ist mehr
- Wohne bei dir selbst
- Wähle die Wahrheit
- Wandle gemächlich
- Wenden statt jammern
- Warte auf den Herrn
- Weisheit erbitten
- Wertschätze den Schmerz
- Wasser statt Zucker
- Willkommen im Leben