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Mental Health, Wahrheit und bedingungslose Liebe

Emanuel Hunziker Emanuel Hunziker

Kann man Wahrheit mit Worten vermitteln? Was ist die Antwort auf die Mental Health Krise? Darüber sprach ich mit Johannes Hartl.

Unlängst durfte ich mit Johannes Hartl ein vielseitiges Gespräch führen. Johannes ist Philosoph, Theologe, Speaker, Buchautor, Gründer vom Gebetshaus Augsburg,, sowie Initiator von Eden Culture, einer Bewegung, die Kultur gestaltet und langfristig transformiert.

Augsburg

Ich reise spätabends nach Augsburg und komme erst nach Mitternacht ins Bett, in einem Hotel in Göggigen, einem Stadtteil im Süden von Augsburg. Nachdem ich ausgiebig gefrühstückt und im Hotelzimmer das neue Film- und Podcast-Equipment kurz getestet habe, mache ich mich frisch fürs Interview. Leider ist in der Woche zuvor meine Brille kaputt gegangen. So versuche ich es mit Kontaktlinsen. Leider lief bei der einen Wegwerflinse die Flüssigkeit aus. Ich versuche vergebens eine halbvertrocknete Linse zu installieren. Fehlanzeige. Mit roten Augen und aufgedunsenen Tränensäcken mache ich mich auf den Weg.

Gebetsraum

Im Gebetshaus angekommen, setze ich mich erst einmal für 15 Minuten in den Gebetsraum, wo aktiv gesungen und gebetet wird. Mein System fährt schon fast automatisch herunter in dieser Atmosphäre der Anbetung und Hingabe. So viele Stunden habe ich hier schon verbracht, betend, flehend, weinend, tanzend, meditierend, bibellesend, innehaltend, hörend und staunend. Hier bin ich gerne. Hier fühle ich mich ein Stück weit daheim.

Kaffee mit Simon

Als nächstes lädt mich Simon Georg zum Kaffee ein. Er und seine Frau Sarah dienen hier als Gebetshausmissionare und werden von uns als Kaleo Kirche im Gebet und finanziell unterstützt. Wir sprechen darüber was im Gebetshaus und bei ihnen persönlich gerade abgeht. Nachdem sie zum ersten Mal Eltern geworden sind, suchen sie eine neue Bleibe, weil ihre Wohnung zunehmend zu eng wird. Im Gebetshaus steht ein grosser Umzug der Büros an, ins neue Gebäude nebenan. Wie so oft verzögert sich alles um Wochen bis Monate, weil die Handwerker noch nicht fertig sind.

Interview mit Johannes

Danach treffe ich Elias Glaeser aus dem Team von Johannes Hartl, der mich in einen Aufenthaltsraum im Untergeschoss führt, wo ich mein Equipment aufbaue.

Johannes verspätet sich um eine halbe Stunde, was mir gerade rechtkommt, da mir etwas mehr Zeit bleibt, um die Kameras einzustellen. Dann geht die Tür auf und Johannes begrüsst mich herzlich und wir setzen uns zum Gespräch vor die Mikrophone.

Ich bin angespannt. Einerseits freue ich mich sehr aufs Gespräch mit Johannes und bin guten Mutes, dass es spannend wird. Andererseits habe ich ein paar Fragen in meinen Notizen, die ich von meinen Daniel-Option Kollegen zugesandt bekam und bei denen ich mich leicht überfordert fühle. Doch es gibt kein Zurück. Also ab durch die Mitte und rein in den Talk!

Was geht ab?

Wir sprechen über den Puls unserer Zeit, das Ende der Postmoderne, den Säkularismus und die neue Trendwende zum Christentum. Bei den Fragen zu seiner Doktorarbeit über "Metaphorische Theologie: Grammatik, Pragmatik und Wahrheitsgehalt religiöser Sprache" kommt Johannes richtig in Fahrt. Seine Antworten sind in der Tiefe durchdacht und fordern heraus. Im Gespräch darüber, wie wir heute Wahrheit vermitteln können, spricht Johannes davon, dass wir "Räume schaffen" müssen, wo dies trainiert werden kann. Das ist mein Stichwort.

Ein Dialog entsteht

Ich breche aus meinem vorbereiteten Fragenkatalog aus und erzähle frisch von der Leber, was mir durch Kopf und Herz geht. Mein Slogan "Zweifeln erlaubt. Glauben auch.", den ich seit über 10 Jahren hochhalte, kommt bei Johannes gut an. Ich spreche von meinem persönlichen Weg nach innen, dem tieferen Erfassen des Evangeliums, von der Scham, die Jesus bedeckt und der Verletzlichkeit, die ich dadurch zulassen kann.

Johannes, den ich gerade auch dafür schätze, dass er sich selbst verletzlich zeigen kann, steigt sofort auf die neue Gesprächsrichtung ein und wir bewegen uns im Freiflug von einer Erkenntnis zur nächsten. Das Interview wandelt sich in ein Gespräch, einen Dialog. Nun bin auch ich angekommen, fühle mich wohl, bringe mich und meine Geschichte mit ein, zitiere Aussagen aus Vorträgen von Johannes und schiele immer wieder auf mein Skript, da ich unbedingt noch ein paar Fragen zu ihm als öffentliche Person stellen will.

Die Stimmung wird zunehmend entspannter, sanfter und gelassener, wir schmunzeln und lachen. Es könnte noch länger so gehen, aber Johannes ist um 17:00 Uhr mit seiner Frau Jutta zum Tee verabredet. Somit beenden wir das Gespräch und Johannes gibt mir zum Abschied eine Umarmung.

Ich packe meine sieben Sachen zusammen und mache mich umgehend auf den Heimweg zurück in die Schweiz. Das Film- und Audio-Material schneide ich mit ein paar Wochen Abstand zu einem möglichst flüssigen Podcast zusammen. Wohl das herausforderndste und gleichzeitig spannendste Gespräch, dass ich seit längerem führen durfte.

Emanuel Hunziker

Emanuel Hunziker

Jahrgang 1979, zuerst Forstwart, dann Pflegefachmann HF, stets leidenschaftlicher Singer-Songwriter. Seit 2015 Lead-Pastor der Kaleo Kirche.

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