Vitale Ehen sind kein Selbstläufer. Hohe Erwartungen und falsche Vorstellungen stehen oft im Weg. Ein ehrlicher Umgang kann neue Nähe schaffen.
Unausgesprochene Erwartungen sind toxisch für jede Ehe. Zu erwarten, dass der andere die eigenen Bedürfnisse "von selbst" erkennt, führt unweigerlich zu Enttäuschung und Frustration. Die Lebens- und Paarberaterin Maike Köpke macht sich in ihrem Artikel für das Idea Magazin auf Spurensuche nach einem besseren Weg.
Viele suchen nach dem perfekten Partner, der alle Bedürfnisse erfüllt und das eigene Leben aufwertet.
In unserer Zeit, in der viele Menschen nach Optimierung ihres Lebens streben, sind auch die Erwartungen an Partnerschaft und Ehe oft sehr hoch. Viele suchen nach dem perfekten Partner, der alle Bedürfnisse – emotional und sexuell – erfüllt und das eigene Leben aufwertet. Woher kommen diese hohen Erwartungen? Und wie können Paare gut damit umgehen?
Photo by Toa Heftiba / Unsplash
Wie es zu hohen Erwartungen kommt
Köpke nennt einige massgebliche Aspekte, die unsere Vorstellungen prägen:
1. Filme, Serien, soziale Medien und Romane prägen ein idealisiertes Bild von Liebe: Wenn wir unseren "Seelenverwandten" finden, dann ist alles gut.
2. Der Einfluss von Pornographie vermittelt ein stark verzerrtes Bild einer egozentrischen Sexualität, geprägt von ständiger Verfügbarkeit und Ekstase. Ihr Konsum verändert das Gehirn organisch, verschiebt die hormonelle Belohnungsschwelle und drängt damit zu immer stärkeren sexuellen Reizen, die eine reale Partnerschaft nicht erfüllen kann.
3. Partnerschaftsprobleme sind ein gesellschaftliches Tabu, auch in christlichen Kreisen. Oft wird eine perfekte Fassade aufrechterhalten, während Probleme im Verborgenen bleiben. Paare suchen meist erst dann Beratung, wenn die Zerrüttung schon sehr weit fortgeschritten ist.
4. Eine Konsummentalität prägt unsere Gesellschaft: Alles soll sofort verfügbar sein und möglichst perfekt meinen Bedürfnissen entsprechen – ansonsten muss eine Änderung her." Wenn die Beziehung kriselt, fragt man schnell: "Ist mein Partner wirklich der Richtige?" anstatt zu überlegen: "Welcher Umgang kann unser WIR stärken?"
Eine gute Beziehung ist kein Selbstläufer. Sie braucht Investition, Geduld und die Bereitschaft, an sich selbst und an der Beziehung zu arbeiten. Wer nur auf die eigenen Bedürfnisse schaut, wird zwangsläufig Enttäuschung erleben.
5. Unsere Herkunftsfamilie prägt unser Bild von Partnerschaft stark. Wie wir als Kinder die Ehe unserer Eltern erlebt haben, beeinflusst unser eigenes Beziehungsverständnis. Welche Erwartungen standen im Raum? Wie wurden Konflikte ausgetragen? Auch unser Umgang mit Sexualität wird früh geprägt: Wie wurde in der Familie darüber gesprochen? Wie wurde Zärtlichkeit gelebt?
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Alles beginnt mit offener Kommunikation
Unsere Prägungen nähren unsere Erwartungen. Erwartungen, die unreflektiert und unausgesprochen bleiben, können zu einer hohen Hürde in der Beziehung werden, schreibt Köpke. Für viele dieser scheinbar hohen Erwartungen lassen sich gemeinsame Wege finden, wenn Paare offen und wertschätzend darüber sprechen.
Die Erwartung, dass mein Partner immer für mich da ist, bedarf einer realistischen Nachjustierung, da sie insgesamt zu hoch ist.
Die eigenen Erwartungen wahrnehmen und wertschätzend dem Gegenüber mitteilen können ist der Anfang eines gemeinsamen Weges, auf dem die jeweiligen Bedürfnisse in der Beziehung ihren Platz finden. Wer erwartet, dass der andere von selbst weiss, was man braucht, wird oft enttäuscht. Im Austausch bleiben über die eigenen Sehnsüchte und Grenzen ist matchentscheidend.
Miteinander sprechen – auch über Sexualität – kann man üben. Fragelisten können Paare helfen, die richtigen Worte zu finden und konkrete Themen anzusprechen, so Köpke:
- Wie zufrieden bist du mit unserer Partnerschaft?
- Was kann ich tun, damit du dich sicher und geliebt fühlst?
- Wie siehst du deine Rolle als Mann/Frau in unserer Beziehung?
- Wie zufrieden bist du mit unserer Paarsexualität?
Eine erfüllte Ehe ist möglich, wenn wir lernen, realistische Erwartungen zu entwickeln, darüber zu sprechen und gemeinsam in die Beziehung investieren.