Sind wir gekommen um zu bleiben? Und wenn ja, wie genau geht bleiben? Was bleibt am Ende, wenn alles vergeht?
"Dieses Konzert hat einen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen!" Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich weinend vor der Bühne stand, die Hände in der Luft, die Augen geschlossen, taumelnd und singend zusammen mit ein paar anderen, die dem Aufruf des Bassisten Abraham "Abe" Laboriel gefolgt waren. "Komm nach vorne und sing Gott deine eigene Melodie!", sagte er. Zusammen mit Justo Almario am Saxophon, Greg Matthieson am Piano und Bill Maxwell an den Drums, spielte er das Konzert meines Lebens.
Bewegung
Doch das war erst der Anfang. Etwas in mir geriet in Bewegung. Die universelle Sprache der Musik traf mein Herz und erweckte mich sozusagen zum Leben. Ich wusste nicht so richtig warum, aber in dem Moment hatte ich eine Gottesbegegnung. Dabei fing alles ganz unspektakulär an. Ich traute den vier in die Jahre gekommenen, grauhaarig-wohlbeleibten Herren nicht allzuviel zu, als diese aufs Bühnen-Parkett schlurften. Seniorenkonzert? Fehlanzeige. Knüppelharter Jazz aus Los Angeles, gekoppelt mit lebendigem Gottesglauben.
Darauf war ich nicht gefasst. Schon nach wenigen Minuten zogen sie mich mit in ihren Bann und spielten mit solch einer Leichtigkeit und Lebensfreude, dass ich nicht mehr wusste, ob ich wach bin oder träume.
Ich kannte Abe Laboriel bisher nur von einem Konzertposter, das meine Klavierlehrerin im Unterrichtsraum an die Wand gepinnt hatte. Nun wusste ich auch warum. Abe ist nicht nur ein Weltklasse Musiker, der auf unzähligen Produktionen von Weltstars Bass spielte, sondern auch ein Anbeter Gottes, der sich nicht selbst ins Zentrum zu stellt, sondern mit seinem extravaganten Spiel auf den Geber aller guten Gaben hinweist.
Hier ein Ausschnitt aus einem anderen Konzert von Justo und Abe:
Fliessen lassen
Später las ich in einem Interview mit Abe, dass er deswegen so frei und unbekümmert auf hohem Niveau Musik machen kann, weil er eines Tages erkennen durfte, dass er aus sich selbst nichts hervorbringen kann und auch nicht muss. Gott selbst habe ihm das musikalische Talent gegeben und Gott sei es auch, der seine Kreativität durch ihn fliessen lassen wolle. Sein musikalisches Schaffen bestehe lediglich darin, ein Gefäss für den Allmächtigen zu sein, an dessen kreativem Strom angeschlossen zu bleiben und diesen durch sich hindurchfliessen zu lassen.
Angeschlossen bleiben, am Strom des Lebens. Danach sehnt sich irgendwie jedes Lebewesen. Die gesamte Schöpfung wartet sehnsüchtig auf die Offenbarung der (Söhne Gottes). Damit das Warten irgendwann ein Ende hat, kam der Schöpfer selbst in seine Schöpfung und wurde Mensch in Jesus Christus. Der Gottessohn wurde ein Menschensohn und versöhnte die Menschheit mit Gott. Er bezahlte die durch Rebellion entstandene Schuld der Menschheit mit seinem Leben und besiegte dadurch den Tod. Gott, sein himmlischer Vater, erweckte ihn am dritten Todestag von den Toten zu ewigem Leben, durch die Kraft des Heiligen Geistes.
Seither fliesst der Lebensstrom ungehindert zu allen, durch alle und aus allen heraus, die ihr ganzes Vertrauen auf diesen Jesus setzen. Jesus sagte einmal:
Wer durstig ist, soll zu mir kommen und trinken – jeder, der mir vertraut! Denn in den Heiligen Schriften heißt es: ›Aus seinem Innern wird lebendiges Wasser strömen.‹ (Johannes 7,38)
Da fliesst also lebendiges Wasser und jeder, der von diesem Wasser trinkt, das Jesus gibt, wird selber zu einer Quelle lebendigen Wassers. Eine Metapher auf den unerschöpflichen Lebensstrom, den Jesus zu geben hat und der für alle zugänglich ist, die ihm ihr Vertrauen schenken.
Vertrauen
Wer ist denn überhaupt in der Lage, sein Vertrauen auf Gott zu setzen? Jesus beginnt seine Bergpredigt mit den Worten:
Glücklich zu preisen sind die, die arm sind vor Gott (arm = die erkennen, dass sie vor Gott nichts vorzuweisen haben und daher alles von ihm erwarten), denn ihnen gehört das Himmelreich. (Matthäus 5,3)
Es braucht also eine Erkenntnis der Realität. Wer glaubt, Gott habe ihm nichts zu bieten, dem bleibt der unbändig-kreative Lebensfluss des Himmels verborgen. Wer hingegen erkennen darf, dass er ohne Gott leer ist und sich nach ihm ausstreckt und ihn sucht, dem öffnet sich der Himmel mit seinen endlosen Ressourcen. Diese Erkenntnis kommt allein durch Jesus selbst, der kam um zu suchen und zu finden, was verloren ist. Er kam, um alle zu befreien, die gefangen sind. Er räumte alles aus dem Weg, was uns Menschen vom Fluss des Lebens trennt.
Kurz vor seinem Tod brauchte Jesus noch ein Bild, um diese Realität zu verdeutlichen:
Ich bin der wahre Weinstock, ihr seid die Reben und mein Vater ist der Weingärtner. Bleibt in mir, und ich bleibe in euch! Eine Rebe kann nicht aus sich selbst heraus Frucht bringen; sie muss am Weinstock bleiben. Auch ihr könnt keine Frucht bringen, wenn ihr nicht mit mir verbunden bleibt. Ich habe euch genauso geliebt, wie der Vater mich geliebt hat. Bleibt in meiner Liebe! (Johannes 15)
Photo by Biogartenversand
Bleiben
Bei Jesus sein und in seiner Liebe bleiben. Das ist der Schlüssel zu einem Leben, das einen bleibenden Eindruck hinterlässt. Abe Laboriel entschied sich, aus der Quelle Gottes zu leben und stellt sich ihm seither als Gefäss zur Verfügung, durch das Gott seine unendliche Kreativität fliessen lassen kann. Er wurde zu einem Menschen, der bei mir einen bleibenden Eindruck hinterliess und mich ohne Vorwarnung während einem Jazz-Konzert mit der ewigen Quelle in Berührung brachte.
Dieses Konzert ist lange her, ich war noch ein Teenager. Geblieben sind mir ein paar photographische Eindrücke in meinem Gedächnis, gekoppelt mit der Erinnerung einer erschütternden und freisetzenden Gottesbegegnung. Abe und seine Freunde haben mich damals nicht an sich selbst und ihre Musik gebunden. Sie nutzten ihre Musik dazu, mich mit ihrer Quelle zu verbinden. Abes Musik vergeht. Was bleibt, ist die unaufhörlich fliessende Quelle.
Abe wurde mein Vorbild im Musiker sein. Von ihm durfte ich lernen: Ich bin nur ein Durchlauferhitzer. Ich kann dosieren und temperieren, aber die Essenz kommt nicht von mir, sondern von Gott, dem grössten Kunstschaffenden des Universums. Meine Aufgabe dabei? Bei Jesus sein. Bei Jesus bleiben. Werden wie er. Und tun, was er tat.