/ Inspiration

Sehen und gesehen werden

Sara Schneiter Sara Schneiter

Macht es einen Unterschied in deinem Verhalten, ob du alleine bist oder von jemand genau beobachtet wirst? Und wie gross ist die Differenz zwischen dir alleine und dir unter Menschen? Wer bist du, wenn du allein bist?

In unserer Welt geht es so oft darum gesehen zu werden. Beachtet. Respektiert. Oder auch kritisiert. Denn lieber negative Aufmerksamkeit als gar keine. Etwas vom Schlimmsten ist es, wenn man ignoriert wird. Wie Luft behandelt. Als würde man nicht existieren. Das trifft uns zutiefst. Denn es ist ein Bedürfnis von uns jemand zu sein, gesehen zu werden. Die Frage ist, wann ist das Bedürfnis gestillt, erfüllt. Wann ist es genug?

Meine Seele hungert ständig nach mehr. Immer wieder macht sie sich bemerkbar. Und es kommt mir so vor, je mehr man nach Aufmerksamkeit sucht - natürlich meist unbewusst - desto lauter schreit die Seele danach. Jesus sagt, wer sucht, der findet. Suchen wir vielleicht am falschen Ort?

Allein sein

Into the Night
Photo by Benjamin Davies / Unsplash

Wer nicht allein sein kann, der hüte sich vor der Gemeinschaft.
Dietrich Bonhoeffer

Jesus hat sich während seinen Jahren öffentlichen Wirkens immer wieder alleine zurückgezogen. Warum hat er das gemacht? Er hat doch endlich erreicht, was in unserer Welt so erstrebenswert scheint: Die Menschen bejubeln ihn, sie bewundern ihn, sie sehen ihn, sie kritisieren ihn. Und doch verbringt er immer wieder sehr viel Zeit, ja ganze Nächte, alleine an einem öden Ort. Wo ihn keiner sieht. Wo er äusserlich nichts bewirkt. Verschwendete Zeit und Energie? In dieser Zeit hätte er doch noch mehr Menschen begegnen können. Gespräche führen, heilen, wiederherstellen. Die Welt verändern.

Doch es gibt ein Geheimnis, das es zu entdecken gilt: Da ist Einer, der im Verborgenen ist. Der ins Verborgene sieht. Und der belohnt. Es zählt nicht nur, was im Verborgenen geschieht. Aber dort, wo es keinen unmittelbaren Lohn gibt, dort wo wir lernen uns selbst auszuhalten und ganz bei unserem himmlischen Vater zu sein, dort sind eben die Wurzeln von allem, was später gesehen wird. (Und fehlen diese Wurzeln, ist die Pflanze dem Wetter schutzlos ausgeliefert.) Sichtbar ist eben nur die Spitze des Eisbergs. Es ist also mal wieder anders rum. Die Welt sagt uns: "Tu Gutes und sprich darüber", denn das gibt dir Ehre. Ansehen. Respekt. Wenn du schon spendest, musst du das nicht verheimlichen.

Jesus sagt:

Habt aber acht, dass ihr eure Gerechtigkeit nicht übt vor den Leuten, um von ihnen gesehen zu werden; ihr habt sonst keinen Lohn bei eurem Vater im Himmel. (..) Wenn du aber Almosen gibst, so lass deine linke Hand nicht wissen, was die rechte tut, auf dass dein Almosen verborgen bleibe; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten.
Matthäus 6.1-4

Wenn du aber betest, so geh in dein Kämmerlein und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir's vergelten.
Matthäus 6.6

Der Gott, der dich sieht

Was mich neu bewegt hat: Gott ist ein Belohner. Er sieht uns nicht einfach, wenn wir Dinge im Verborgenen tun, weil er alles sieht. Er sieht uns als Vater und belohnt uns dafür. Und sein Lohn übersteigt bei Weitem, was Menschen uns geben. Oder wie wir uns selbst belohnen würden. Alle menschlichen Belohnungen sind kurzfristig, vergänglich, ein Hauch. Im Gegensatz zu dem, wie Gott uns belohnen möchte. Seine Perspektive ist die Ewigkeit. Welchen Lohn willst du? Unser Pflegepersonal hat klar gesagt: Applaus reicht nicht. Was sagst du?

Taken at the Quinn XCII show with special guests Ayokay and DJ Dill Pickle at McGuirk Arena at Central Michigan University on Oct. 27.
Photo by Hayley Seibel / Unsplash

Petrus fragte Jesus: »Du weisst, wir haben alles zurückgelassen und sind dir nachgefolgt. Was werden wir dafür bekommen?« Er fragt ihn einfach nach dem Lohn. Ich war erstaunt. Darf man das fragen? Wir folgen ja nicht Jesus nach, wegen dem, was wir bekommen. Sondern wegen ihm selbst. Doch Jesus weicht nicht aus. Er wird nicht unsicher oder nervös. Er ist nicht brüskiert. Nein, er gibt eine klare Antwort:

Jesus erwiderte, zu allen Jüngern gewandt: »Ich sage euch: Wenn der Menschensohn in der zukünftigen Welt in königlichem Glanz auf seinem Thron sitzt, werdet auch ihr, die ihr mir nachgefolgt seid, auf zwölf Thronen sitzen und die zwölf Stämme Israels richten.

Und jeder, der um meines Namens willen Häuser, Brüder, Schwestern, Vater, Mutter, Kinder oder Äcker zurücklässt, wird alles hundertfach wiederbekommen und wird das ewige Leben erhalten.
Matthäus 19.27-28

Gott ist ein Belohner und zwar nicht irgendein knausriger Vergüter. Nein. Er verspricht alles hundertfach zurückzuerstatten, was wir für ihn zurücklassen und ewiges Leben dazu. Wie krass ist das! Würdest du einen anderen Zinssatz wählen? Hundertfach und ewiges Leben. Als ob das ewige Leben nicht genug wäre.

A walk among crystal clear lakes in Plitvice. Pretty neat if you have good weather…also bad for photos, because you have people everywhere
Photo by Jonatan Pie / Unsplash

Gesättigt

Um nochmals aufs Suchen nach Aufmerksamkeit zurückzukommen: Seit ich regelmässig Zeiten bewusst alleine verbringe, ist meine Seele ruhiger geworden. Gesättigter. Gesättigt von der Aufmerksamkeit dessen, der im Verborgenen ist und mich sieht. Und ich lerne neu zu sehen. Mich immer wieder aus dem Sog dieser Welt herauszuschälen, mich bewusst davon zu distanzieren, schenkt eine andere Perspektive.

Und wenn meine Seele mal wieder aufbegehrt und findet, dass ich schon etwas mehr Beachtung verdient hätte, etwas mehr Rampenlicht, mehr Applaus,
erinnert mich Gottes sanfte Stimme an den Lohn, den er zahlt. Er erinnert mich daran, wer ich bin, wenn ich allein bin.

Sein geliebtes Kind.

Sehen und gesehen werden
Teilen