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Eile mit Weile

Emanuel Hunziker Emanuel Hunziker

Gott hat einen Rhythmus in die DNA der Schöpfung eingebaut. Ein Tempo. Ein synkopierter Groove. So ganz anders als das industrielle Stampfen unserer Zeit.

Das Leben ist wie Eile mit Weile oder Brändi Dog: Alle beeilen sich und wollen hastig ihr Ziel erreichen, aber ständig kommt etwas dazwischen. Man muss warten, wird zurückgeworfen und fängt wieder bei Null an. Ich wage zu behaupten, dass Hast und Eile zu den grössten Herausforderungen unserer Zeit gehören. Rastlosigkeit gehört zu den Wurzeln ganz vieler Fehlentwicklungen der postmodernen Gesellschaft.

Als John Ortberg in den 90er Jahren als Lehrpastor bei rasant wachsenden Willow-Creek Kirche diente und ihm dabei zunehmend alles über den Kopf wuchs, rief er seinen Mentor Dallas Willard an und fragte ihn:

Wie kann ich zu dem Menschen werden, der ich eigentlich sein will?

Dallas Willard sagte zuerst lange nichts. Dann antwortete er:

Indem du Hast und Eile schonungslos aus deinem Leben verbannst. Hast und Eile sind die grossen Feinde des geistlichen Lebens in unserer Zeit.

Corrie Ten Boom sagte einst:

Wenn der Teufel dich nicht zur Sünde verführen kann, wird er dafür sorgen, dass du über beide Ohren mit Arbeit zugedeckt wirst.

Eile versus Liebe

Um das Thema von einer anderen Seite her aufzurollen, was hat den höchsten Wert in der Königreichs-Ökonomie von Jesus Christus? Ganz einfach: Liebe! Jesus machte es klar und deutlich. Das höchste Gebot lautet:

Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe, mit all deiner Kraft und mit deinem ganzen Verstand. Und auch deinen Mitmenschen sollst du so lieben wie dich selbst. (Lukas 10,27)

Liebe braucht Zeit. Ja, Liebe ist unglaublich zeitaufwändig. Alle Eltern wissen das. Familien. Freunde. Liebe ist nicht kompatibel mit Hast und Eile.

Die ersten zwei Erkennungsmerkmale im Hohelied der Liebe, die Paulus im 1.Korinther 13 aufzählt, lauten:

Die Liebe ist geduldig und freundlich...

Wie sieht die Realität aus? Ich bin zu spät dran fürs nächste Meeting, liege weit zurück auf meiner ToDo Liste, versuche viel zu viel in meinen Tag hinein zu pressen. Ich werde angespannt, ungeduldig, leicht reizbar, mürrisch... so ziemlich die Antithese von Liebe.

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Gott geht gemächlich

Ich glaube es gibt einen guten Grund, warum Jesus seine Jünger mit den Worten berief: «Folgt mir nach» und nicht «Rennt mir nach». Doch wie oft kommt mir die Nachfolge Jesu wie ein Rennen vor? Als etwas, dass ich nebst meinem rastlosen Leben auch noch erledigen sollte? Irgendwas ist da grundlegend falsch aufgegleist in meinem Leben. Wenn ich über Jesus lese in der Bibel, dann war er eigentlich so gut wie nie in Eile. Er liess sich nicht mitreissen von den Wogen seiner Zeit. Sein Schritttempo war irgendwie anders. Ein japanischer Theologe drückte es so aus:

Gott geht gemächlich, weil er Liebe ist. Wäre er nicht Liebe, so würde er viel schneller gehen. Liebe hat ihr Tempo. Eine innere Geschwindigkeit. Anders als das Tempo unseres technologischen Zeitalters, an das wir uns so sehr gewöhnt haben. Das Tempo der Liebe ist gemächlich.

Trotz all dem technologischen Fortschritt, der uns so viel abnimmt, was früher mühsame Arbeit war, leben wir in einer Zeit, in der wir ständig das Gefühl haben, wir hätten zu wenig Zeit. Wir haben Elektrizität, fliessendes Wasser im Haus, Transportmittel, Smartphones... Aber es scheint nie genug zu sein.

Hast&Eile Krankheit

Die Symptome der "Hast&Eile Krankheit" sind:

  1. Schnell irritierbar
  2. Hypersensibel
  3. Rastlos
  4. Workaholismus
  5. Emotionale Taubheit
  6. Ungeordnete Prioritäten
  7. Den Körper vernachlässigen
  8. Sich betäuben
  9. Das geistliche Leben vernachlässigen
  10. Isolation

Was hilft es dem Menschen, die ganze Welt zu gewinnen und Schaden zu nehmen an seiner Seele? (Markus 8,36)

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Limitiert

Wir sind Menschen. Menschen sind limitiert.

  1. Unser Körper. Wir können nur an einem Ort zur selben Zeit sein.
  2. Unser Denken/Wissen. Erkenntnis bleibt immer Stückwerk.
  3. Unsere Begabung. Niemand kann alles gut.
  4. Unsere Persönlichkeit und emotionale Belastbarkeit. Unsere Kapazität ist begrenzt.
  5. Unsere Herkunft. Wir haben eine Prägung.
  6. Unser sozioökonomischer Status. Unterschiedliche Ausgangslagen.
  7. Unsere Ausbildung. Niemand kann alles lernen.
  8. Unsere Lebensphase mit ihren Verantwortungen.
  9. Unsere Lebenszeit (+/- 80 Jahre)
  10. Gottes Berufung auf unseren Leben. Sich mit anderen vergleichen ist nutzlos.

Wir versuchen unsere Limitation zu überwinden, indem wir rastlos durchs Leben eilen. Was ist Gottes Antwort auf diese Hektik?

Anhalten

Das Wort Sabbat kommt vom hebräischen Wort Shabbat und bedeutet:

Aufhören. Anhalten. Pausieren. Ruhen.

Der Sabbat ist ein Ruhetag. Aber auch ein Trainingstag der besonderen Art: Ein Tag, an dem wir die Ruhe trainieren. Zur Ruhe kommen will gelernt sein. Sabbat beinhaltet auch loslassen. Aufhören. Gut sein lassen. Es Gott überlassen. Anhalten. Innehalten. Ausruhen. Zur Ruhe kommen.

Darum lasst uns alles daransetzen, zu dieser Ruhe Gottes zu gelangen. (Hebräer 4,11)

1 Tag in der Woche Ruhetag halten braucht Vorbereitung und Planung. Wir müssen die Arbeiten soweit abschliessen, dass wir sie ruhen lassen und nach dem Ruhetag wieder aufnehmen können. Wenn wir aber lernen den Sabbat zu halten, werden wir auch die anderen 6 Tage anders leben. Sabbat ist nicht nur ein Tag. Es ist ein Lebensstil. Aus der Ruhe in die Arbeit gehen. Statt umgekehrt.

»Der Sabbat wurde doch für den Menschen geschaffen und nicht der Mensch für den Sabbat. (Markus 2,27)

Wir müssen den Sabbat nicht um des Sabbats Willen halten. Gott schenkt uns den Sabbat als Ruhetag. Um aufzutanken. Zur Ruhe zu kommen. Wer nie richtig herunterfährt, kann nie richtig Vollgas geben. Doch der Sabbat gerät immer mehr in Vergessenheit. Die Kirche des Westens hat den Rhythmus des industrialisierten und Erfolgs-versessenen Westens unkritisch übernommen.

Und Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn zu einem heiligen Tag, der ihm gehört, denn an diesem Tag ruhte Gott, nachdem er sein Schöpfungswerk vollbracht hatte. (1.Mose 2,2-3)

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Gottes Rhythmus

Gott hat einen Rhythmus in die DNA der Schöpfung eingebaut. Ein Tempo. Ein synkopierter Groove. Und übrigens: Der Teufel nimmt sich nie einen Tag frei. Aber das letzte Mal, als ich in der Bibel nachlas, stand da, dass der Teufel am Ende verliert. Ein schlechter Plan, keine Pause zu machen.

Der Sabbat ist so zentral für das menschliche Leben, dass Gott ihn in die Zehn Gebote eingebaut hat. Das 3. und längste Gebot:

Denke an den Sabbat als einen Tag, der mir allein geweiht ist! Sechs Tage sollst du deine Arbeit verrichten, aber der siebte Tag ist ein Ruhetag, der mir, dem HERRN, deinem Gott, gehört. An diesem Tag sollst du nicht arbeiten, weder du noch deine Kinder, weder dein Knecht noch deine Magd, auch nicht deine Tiere oder der Fremde, der bei dir lebt. Denn in sechs Tagen habe ich, der HERR, den Himmel, die Erde und das Meer geschaffen und alles, was lebt. Aber am siebten Tag ruhte ich. Darum habe ich den Sabbat gesegnet und für heilig erklärt. (2. Mose 20:8-11)

Obwohl Gott nie müde wird, ruhte er am siebten Tag. Wieviel mehr wir, die wir Geschöpfe aus Fleisch und Blut sind? Könnte es auch sein, dass das Einhalten der Gebote 4-10 damit zusammenhängt, ob wir das 3. Gebot einhalten?

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Gott ruhte. Warum?

Und Gott segnete den siebten Tag und erklärte ihn zu einem heiligen Tag, der ihm gehört, denn an diesem Tag ruhte Gott, nachdem er sein Schöpfungswerk vollbracht hatte. (1. Mose 2,2-3)

Was bedeutet "an diesem Tag ruhte Gott"? War Gott am Ende seiner Kräfte? Müde? Ausgebrannt? Wir erinnern uns was Sabbat bedeutet:

Aufhören. Anhalten. Pausieren. Ruhen.
Aber auch: Sich freuen!

Gott war nicht müde. Er machte eine Pause, um sich zu freuen, an dem was er erarbeitet hat! Das bedeutet Sabbat: Anhalten und sich freuen, an Gott und der Welt!

Dann heisst es: "Und Gott segnete den siebten Tag" Kann man einen Tag segnen? In 1.Mose 1&2 werden 3 Dinge gesegnte:

  • Die Tierwelt: "Seid fruchtbar und vermehret euch."
  • Die Menschen: "Seid fruchtbar und vermehret euch."
  • Den Sabbat: ... einen Tag!

Was hat das zu bedeuten? Es bedeutet, dass der Sabbat eine lebensspendende Kapazität besitzt. Der Sabbat erfüllt die Welt mit mehr Leben.

Und dann noch: "Gott erklärte ihn zu einem heiligen Tag." Im Nahen Osten zu dieser Zeit gab es heilige Tempel, die Götter geweiht waren oder heilige Berge, heilige Götzenbilder, Opferstätten. Dort pilgerte man hin, um dieser oder jener Gottheit zu begegnen.

Aber der Gott Israels – der Schöpfer-Gott – findet man nicht an einem bestimmten Ort, sondern an einem bestimmten Tag. Wenn Du Gott begegnen willst, musst du nicht an eine Pilgerstätte reisen, sondern einen Tag in der Woche deine Arbeit niederlegen und genug lang anhalten, bis du Gott begegnest.

Sabbat ist nicht nur einfach einen Tag frei machen. Wie oft sind wir am freien Tag fast noch beschäftigter, weil wir alles erledigen müssen, was liegen bleib? Müll entsorgen, Versicherung anrufen, Banksache erledigen, einkaufen, aufräumen usw. Nein: Ruhen und Gott anbeten. Anhalten, um sich an Gott und seiner Schöpfung zu erfreuen.

Wie hältst du es mit dem Ruhetag?

Eile mit Weile
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