Für eine Begegnung braucht's Bewegung. Wortspielerei und philosophische Gedanken rundum Begegnungen.
Als vor mehr als einem Jahr der erste Lockdown ausgerufen wurde, war es das Ziel der Regierung durch Bewegungseinschränkung auch die Anzahl verschiedener Begegnungen zu minimieren und so die Anzahl möglicher Ansteckungen klein zu halten. Was ein logischer Zusammenhang ist, wurde für mich ein inspirierender Gedanke: Für eine Begegnung braucht's Bewegung. Mindestens eine Person muss sich bewegen, damit sich zwei Menschen begegnen. Und bewegen meine ich hier einerseits wörtlich, andererseits auch im übertragenen Sinn: Zum einen ins Auto steigen, losmarschieren, das Telefon in die Hand nehmen, aber auch - und das passiert vorher in unseren Herzen - sich aufmachen, innere Blockaden überwinden, Vorstellungen loslassen.
Sich Aufmachen
Beim Nachdenken über das Wort Bewegung, hab ich entdeckt: In BEWEGUNG ist ein WEG versteckt. Vielleicht ist das nur ein Zufall. Und auch so manche Begegnung wirkt auf uns im Moment des Geschehens völlig zufällig. Doch wie oft erkennen wir später plötzlich, dass es kein Zufall war. Dass Gott seine Hand im Spiel hatte...
Also, wenn in Bewegung ein WEG drin ist, und wir für eine Begegnung Bewegung brauchen, bedeutet das, dass wir einen Weg zurücklegen müssen, um andere Menschen zu treffen, um Beziehungen zu leben. Wir müssen uns aufmachen. Uns erheben. Grenzen überwinden. Gewohntes und Vertrautes zurücklassen. Gründe, warum es gerade unpassend ist, abschütteln. Auf den anderen zugehen. Manchmal machen wir uns freudig auf den Weg, mal nichtsahnend und andere Male kostet es uns viel Kraft und Überwindung.
Und dann gibt es diese Momente - ich weiss nicht, ob du sie kennst? - wo wir es nicht schaffen, uns aufzumachen, wo wir keine Kraft für den inneren oder auch äusseren Weg haben, den es bis zur Begegnung braucht. Oder die Momente, in denen wir gar nichts wissen, geschweige denn ahnen, über das, was es ausserhalb unseres gewohnten Umfeldes, unseres kleinen Gartens auch noch gibt. Nur, wenn jemand von aussen kommt und uns begegnet, wird sich unser Blick öffnen. Wird unser Horizont erweitert.
Dazu eine Geschichte:
Jeden Tag sitzt das Bettelmädchen an der Strassenecke. Ihre Kleider haben braune Ränder, sie hat keine Schuhe an ihren schmutzigen Füssen. Passanten trotten vorbei und würdigen sie kaum eines Blickes. Doch heute ist alles anders. Heute hat sie all das vergessen.
Begonnen hat es am späten Vormittag. Da kam dieser junge Bettler. Sie kannte ihn nicht, er war weder von diesem noch von jenem Clan, um den sie wusste. Zunächst etwas schüchtern, dann von bestimmter Freundlichkeit begann er, mit ihr zu sprechen. Wer bist du? Woher kommst du? Wo wohnst du? Komm und sieh!
Er setzt sich neben sie in den Staub der Strasse. Er ist freundlich, liebevoll, bescheiden und seine feinen Gesichtszüge tragen trotz der Armseligkeit seiner Erscheinung eine gewisse Eleganz. Er begegnet ihr mit Ehrerbietung und Zärtlichkeit, die das an das raue Strassenleben gewöhnte Bettlermädchen nicht kennt. In seiner Gegenwart fühlt sie sich geliebt, wertvoll und voll Bestimmung - wie noch nie zuvor in ihrem Leben. Er spricht zu ihr von einem anderen Leben, von wunderbaren Orten, an die sie gemeinsam gehen können, von einer grossen Zukunft. Kann sie ihm glauben?
Alles an diesem Bettler zieht das Mädchen an. Schon bald erwachen zarte Gefühle in ihr. Nun teilen sie ihr Bettlerleben, Tag für Tag. Nach glücklichen Wochen der Kameradschaft jedoch ein befremdliches Ereignis. Der Freund schläft. Hat er vielleicht noch den Rest des Brotes, der von gestern übrig ist? Sie nähert sich seinem Umhängesack und beginnt, in seinen ausgebeulten Seitentaschen zu kramen. Doch da, was ist das? Zwischen den kümmerlichen Habseligkeiten ihres Freundes alte Fotografien. Eigenartige Bilder, die ihn zeigen. Doch befremdlich gekleidet... Er trägt eine Paradeuniform. Er steht umgeben von prächtig gekleideten Generälen, Herren und Damen. Ein Foto zeigt ihn vor einem Schloss, eines hoch zu Ross. Eines auf einer Tribüne, von einer ihm huldigenden Volksmenge umgeben. Eines zeigt ihn nach siegreicher Schlacht heimkehrend, umgeben von seinen jubelnden Truppen. Ein anderes vor einer reich gedeckten Tafel voll der erlesensten Köstlichkeiten.
Während er schläft, blickt das Mädchen verstohlen auf seinen Freund. Seine feinen Gesichtszüge gleichen exakt jenen auf den Bildern. Und doch ist seine Kleidung die eines Bettlers. Trotzdem... könnte es sein?
Erinnerungen dämmern herauf. Damals, als die königliche Armee durch das kleine Städtchen zog und der Thronfolger an der Seite des Königs ritt und ihr Blick für einen Augenblick auf den noch jugendlichen Prinzen fiel... Könnte es sein, dass es jenes Gesicht war, in das sie auch jetzt blickt? Unglauben durchzuckt sie. Das ist doch ihr Freund, der Tag für Tag neben ihr bettelte. Mit dem sie das angeschimmelte Brot teilte, der nachts fror wie sie und dessen Kleider nur wenig zerlumpter waren als ihre. Er, der von den Passanten mit ebenjenen verächtlichen Blicken bedacht wurde, die auch sie trafen. Er, dem die gleichen Schimpfwörter an den Kopf geworfen wurden wie ihr. Er, der neben ihr im Kot der Strasse sass. Doch was hatte den Königssohn bewogen, die Pracht seines Thrones zu verlassen und zu einem Bettler zu werden?Johannes Hartl, in: In meinem Herzen Feuer
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Der Weg
Die Geschichte spricht vom Weg, den Jesus - der Sohn des höchsten Königs - auf sich genommen hat, um DIR und MIR zu begegnen. Eine Begegnung mit Ihm verändert alles. Eine einfache Begegnung, ein Wort, ein Blick und alles steht still. Die Bedeutung deines Lebens, wie du dich selbst und die Menschen um dich herum siehst, ändert sich grundlegend. Perspektive und Hoffnung tritt an die Stelle von Trott und Trostlosigkeit. Ist dir Jesus schon begegnet? Lade ihn ein, sich dir zu zeigen. Er ist näher, als du denkst!
Wie lange ist es her, seit dich eine Begegnung mit Jesus tief erschüttert und berührt hat? Strecke dich neu danach aus. Er will dir nicht nur einmal begegnen, sondern immer wieder. Es gibt viel mehr zu entdecken, als du denkst. Der Brunnen ist noch lange nicht ausgeschöpft. Darum, wenn du durstig bist, komm und trink!
Und wenn du Jesus persönlich kennst und mit Ihm unterwegs bist, möchte ich dir Mut machen mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Lass dich leiten vom Heiligen Geist. Höre mutig auf die Impulse in deinem Herzen. Mach dich auf und überwinde deine inneren Hürden. Halte inne und lass dich unterbrechen. Und du wirst aussergewöhnliche Begegnungen erleben. Du wirst zufällig Menschen treffen, die offen sind für ein Gebet, ein Wort, ein Zeichen der Liebe Gottes. Hab keine Angst, es sei nur ein Tropfen auf den heissen Stein! Sei grosszügig, ja verschwenderisch im Weitergeben Seiner Liebe.
Und du wirst sehen: Du und ich und ganz viele andere Menschen entdecken Jesus (neu).
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