/ Psalm 51

Ein Hirte für Sünder

Emanuel Hunziker Emanuel Hunziker

David dachte, er sei am Höhepunkt seines Lebens angelangt. Doch er irrte sich. Die höchste Ehre stand ihm noch bevor.

Dieser Artikel ist der 7. Teil einer fortlaufenden Serie mit Gedanken zum Psalm 51.

  1. Teil: Wenn Böses ans Licht kommt (Psalm 51,1-3)
  2. Teil: Sauber und rein gewaschen (Psalm 51,4-6)
  3. Teil: Wurzelbehandlung (Psalm 51,7-8)
  4. Teil: Echt und Aufrichtig (Psalm 51,8-11)
  5. Teil: Ein reines Herz (Psalm 51,12)
  6. Teil: Nah bei Gott leben (Psalm 51,13-14)
  7. Teil: Ein Hirte für Sünder (Psalm 51,15-17)
  8. Teil: Ein zerbrochenes Herz (Psalm 51,18-21)

Davids Versprechen

Dann will ich denen, die sich von dir abgewendet haben, deine Wege zeigen. Ja, Menschen, die gegen dich sündigen, sollen so umkehren zu dir. Psalm 51,15

Davids Versprechen ist demütig gemeint. Er will sich hier nicht als überheblicher Schulmeister aufspielen, um von seiner dunklen Vergangenheit abzulenken. Davids Lehrstil und -mittel sind die absolute Transparenz und Offenheit in Bezug auf sein eigenes Versagen. Er zieht sich weder ein frommes Belehr-Mäntelchen über, noch macht er einen auf »moralischer Besserwisser«. Im Gegenteil.

Mit seiner eigenen Geschichte will er allen »Mit-Sündern« Mut machen und ihnen zeigen, dass es noch Hoffnung gibt.

David solidarisiert sich völlig mit all denen, die auf Abwege geraten sind und macht es sich mit seinem Versprechen zur Aufgabe, sie liebevoll auf den richtigen Weg zurück zu führen. Mit seiner eigenen Geschichte will er allen »Mit-Sündern« Mut machen und ihnen zeigen, dass es immer noch Hoffnung gibt, weil Gott sich dem reumütigen Sünder erbarmt. David durfte einen Gott kennenlernen, der die verlorenen Schafe suchen geht, die sich verirrten und zu bösen Machenschaften verführen liessen.

Action!
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Eine steile Laufbahn

Zu Beginn seiner Laufbahn war David ein unbedeutender Schaf- und Ziegenhirte. Er hütete und beschützte mit dem Einsatz seines Lebens die Herde seines Vaters vor Bären und Löwen. Er trainierte da, wo ihn niemand sah, ausser Gott! Diese erste Phase war prägend für sein gesamtes Leben. Denn unser Verhalten in Situationen, in denen wir auf uns alleine gestellt sind, bringt die wahre Beschaffenheit unseres Charakters zum Vorschein.

Er gewann ihr Vertrauen und sie schöpften durch seine Wertschätzung neuen Mut.

Später entwickelte sich David zu einem Hirten für »Männer, die in Not und Schulden und verbitterten Herzens waren, er wurde ihr Oberster; und es waren bei ihm etwa vierhundert Mann.« Was er mit der Herde seines Vaters trainierte, wandte er nun auf hoffnungslose Männer an. Er gewann ihr Vertrauen und sie schöpften durch seine Wertschätzung neuen Mut, dass doch noch »etwas Sinnvolles« aus ihren erschütterten Leben werden könnte. David formte diese zwielichtigen Zeitgenossen zu einer schlagfertigen Armee, in der alle bereit waren, mit dem Einsatz ihres Lebens füreinander, für David, für die Nation Israel und für Gottes Sache zu kämpfen! David erfüllte mit diesen Männern Gottes Auftrag und vertrieb die Feinde Israels aus dem Land – eine Aufgabe, die eigentlich der damalige König Saul hätte ausführen sollen, der ihn stattdessen verfolgte und aus dem Weg zu schaffen versuchte.

Nachdem Saul in einer Schlacht gegen die Philister starb, war Davids Zeit gekommen, ein Hirte für Juda und später für die ganze Nation Israel zu werden. Gott verhalf ihm zum Sieg über die Feinde Israels und David holte die Bundeslade des Herrn nach Jerusalem und opferte Gott als Zeichen seiner Anbetung. In einer feierlichen Zeremonie segnete er das gesamte Volk im Namen des Herrn.

Wer denkt, er sei ganz oben angekommen, befindet sich bekanntlich schon auf dem Weg nach unten.

Zu diesem Zeitpunkt konnte sich David wohl keinen »höheren« Hirtendienst mehr vorstellen, als das Königsamt über die gesamte Nation. Er dachte: »Weiter nach oben kann ich nicht mehr aufsteigen, denn ich habe schon alles erreicht, was möglich ist. Ich bin König, Priester und Richter in einem. Grösser werden kann ich nicht. Besser geht's nicht!« Doch wer denkt, er sei ganz oben angekommen, befindet sich bekanntlich schon auf dem Weg nach unten. Davids Sohn Salomo schrieb später:

Stolz führt zum Sturz, und Hochmut kommt vor dem Fall! Sprüche 16,18

Before every workout one should focus on the goal.
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Der höchste Hirtendienst

David fiel. Viel tiefer als alle anderen. Und er dachte, dass er nie wieder so hoch aufsteigen könne wie zuvor. Doch er irrte sich. Den höchsten aller Hirtendienste hatte er bis zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht kennengelernt. Denn dieser besteht darin, Sünder zur Umkehr zu führen, zurück zu Gott!

Dann will ich denen, die sich von dir abgewendet haben, deine Wege zeigen. Ja, Menschen, die gegen dich sündigen, sollen so umkehren zu dir. Psalm 51,15

Diese einzigartige Würde, trotz übler Vergangenheit in Gottes Nähe leben zu dürfen.

Durch seinen tiefen Fall und den totalen Zerbruch lernte David eine Art von Würde kennen, an die keine politische, religiöse, wirtschaftliche oder kulturelle Würde und Ehre herankommt:

  • Die Würde, von Gott aus der Macht des Bösen befreit zu werden
  • Die Würde, durch Gott von aller Schuld reingewaschen zu werden
  • Die Würde, ein neues, ungeteiltes Herz von Gott zu erhalten
  • Die Würde, trotz einer üblen Vergangenheit in Gottes Nähe leben zu dürfen
  • Die Würde, mit Gottes Heiligen Geist erfüllt zu sein und zu bleiben
  • Die Würde, die Freude über Gottes Rettung als Lebensgrundlage zu haben
  • Die Würde, von Gott zum Gehorsam befähigt zu werden

National Anthem
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Das böse Herz

Durch seinen Absturz kam David zur Besinnung und entdeckte zum ersten Mal, wo der Kern für die Ungerechtigkeit in dieser Welt in Wirklichkeit liegt: Nicht bei den Feinden Israels, den Philistern, Ammonitern und Syrern. Auch nicht bei Saul, vor dem er jahrelang auf der Flucht war und um sein Leben bangen musste. Und auch nicht bei seinem Sohn Abschalom, der das Königreich an sich zu reissen versuchte. David sah sich mit der ernüchternden Tatsache konfrontiert, dass er noch so viele Feinde besiegen, noch so viele Psalmen schreiben und noch so gute Gesetze für das Wohlergehen der Bevölkerung erlassen konnte. Wenn aber sein eigenes, böses Herz nicht von Gott besiegt, erlöst und neu geschaffen wird, bringt alles andere nur kurzfristige Verbesserung: Die Feinde kommen wieder, Psalmen geraten in Vergessenheit und Gesetze werden vom nächsten König abgeändert.

Irdischer Reichtum und irdische Königreiche können schon in der nächsten Generation wieder zerfallen.

Das einzige, was ewigen Frieden und Gerechtigkeit herbeiführt, ist ein von Gott neu erschaffenes Herz, das Gott glaubt und vertraut und über den physischen Tod hinaus in Gottes Nähe weiterlebt, in liebender Gemeinschaft mit ihm. Irdischer Reichtum und irdische Königreiche können schon in der nächsten Generation wieder zerfallen. Doch das ewige Königreich Gottes wird für immer bestehen bleiben!

Standing on a sheer ledge 3,200 feet above Yosemite Valley, looking at this vista, one can’t help but be in awe. It reminds you of what’s really important.
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Solidarität mit Sündern

Ich behaupte, David kannte Gottes Herz sehr gut, was sich folgendermassen äusserte:

  • David setzte sich mit dem Einsatz seines Lebens für den Plan Gottes ein.
  • Er vertrieb die feindlich gesinnten Völker aus dem Land.
  • Er setzte den von Gott verordneten Priesterdienst wieder ein.
  • Er regierte als gerechter König und fragte nach Gottes Willen.
  • Er bemühte sich, ein gerechter Richter zu sein.
  • Er kam sogar auf die Idee, Gott einen Tempel zu bauen, ohne dass dieser danach fragte.
Erst nach seinem tiefsten Fall öffnete Gott ihm den Zugang zum höchsten aller Hirtendienste.

Doch ein essentieller Aspekt von Gottes Wesen war ihm noch fremd. Erst nach seinem tiefsten Fall und seiner reumütigen Umkehr, öffnete Gott ihm den Zugang zum höchsten aller Hirtendienste: Sich mit Sündern zu solidarisieren und ihnen den Weg zurück zu Gott zeigen!

Dann will ich denen, die sich von dir abgewendet haben, deine Wege zeigen. Ja, Menschen, die gegen dich sündigen, sollen so umkehren zu dir. Psalm 51,15

David erfasste die glühende Retter-Liebe Gottes, die sich Jahrhunderte später durch Jesus Christus für die gesamte Menschheit bewahrheiten sollte! Wir lesen im Markusevangelium darüber:

Als nun aber einige der Schriftgelehrten sahen, dass Jesus mit diesen Leuten aß, die als Sünder galten, sagten sie zu seinen Jüngern: »Warum isst er mit diesem Abschaum?« Als Jesus das hörte, sagte er zu ihnen: »Die Gesunden brauchen keinen Arzt - wohl aber die Kranken. Ich bin gekommen, um Sünder zu rufen, nicht Menschen, die sich schon für gut genug halten.« Markus 2,16

Doctor with a stethoscope
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Sich zu sehr freuen

Gott freut sich, wenn wir seinen Willen gewissenhaft tun! Aber im erfolgreichen Ausführen seines Auftrags und dem eindrücklichen Erleben seiner übernatürlichen Kraft kann niemals die Grundlage unserer Freude und Identität liegen. Das einzige Fundament, auf dem wir unser Leben sicher und stabil bauen können, ist die Freude über Gottes Rettung! Als sich die Jünger voller Begeisterung über die von Jesus verliehene übernatürliche Autorität freuten, welche sichtbare Resultate und Erfolge hervorbrachte, sprach Jesus zu ihnen:

Doch nicht darüber sollt ihr euch freuen, dass euch die Geister gehorchen. Freut euch vielmehr, dass eure Namen im Himmel aufgeschrieben sind. Lukas 10,20

Wenn wir uns «zu sehr» auf «unsere» Erfolge abstützen, können wir leicht zu Fall gebracht werden.

Wir können uns «zu sehr» am Erfolg freuen, den Gott uns schenkt. Darum sagt Jesus seinen Jüngern: »Nicht darüber sollt ihr euch freuen... Freut euch vielmehr, dass...« Er weist seine Jünger darauf hin, dass der von Gott geschenkte Erfolg und die von ihm verliehene Autorität kein verlässliches Lebensfundament sind. Wenn wir uns «zu sehr» auf «unsere» Erfolge abstützen, können wir leicht zu Fall gebracht werden, sollten die Erfolge einmal ausbleiben. Das einzige, was in alle Ewigkeit fest und stabil bleibt, ist unsere Errettung aus Gnade. Wenn unsere grösste Freude darin verankert bleibt, finden wir einen gesunden Umgang mit Erfolg und Misserfolg, weil unsere Identität nicht beeinflussen wird.

Dieses sich «zu sehr am Erfolg freuen» wurde David zum Verhängnis. Doch Gott führte ihn zurück zur Freude an seiner Rettung! Es war nun nicht mehr die Freude über seine Siege und Erfolge, sondern die Freude an seiner Rettung, die Davids Lippen erfüllte. Darum schreibt er:

Gott, durch mich wurde das Blut eines Menschen vergossen – befreie mich von dieser Schuld, Gott, du mein Retter! Dann werde ich dich loben mit meiner Stimme und jubeln über deine Treue. Herr, öffne du meine Lippen, damit mein Mund deinen Ruhm verkündet! Psalm 51, 16-17

Saturday. Summer. Beautiful sunny day, so my friends and I decided to make a picnic and watch the sundown. Pretty fun and relaxed day.
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Eine unerschütterliche Lebensgrundlage

Gott bietet diese unerschütterliche Lebensgrundlage auch dir und mir an! Es ist die höchste Würde, die es für einen Menschen gibt: sich ein von Gott geliebter und erretteter Mensch nennen zu dürfen. Es bedeutet, dass Gott uns so sehr liebt...

...dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht verloren geht, sondern das ewige Leben hat. Gott sandte seinen Sohn nicht in die Welt, um sie zu verurteilen, sondern um sie durch seinen Sohn zu retten. Johannes 3,16-17


  1. Teil: Wenn Böses ans Licht kommt (Psalm 51,1-3)
  2. Teil: Sauber und rein gewaschen (Psalm 51,4-6)
  3. Teil: Wurzelbehandlung (Psalm 51,7-8)
  4. Teil: Echt und Aufrichtig (Psalm 51,8-11)
  5. Teil: Ein reines Herz (Psalm 51,12)
  6. Teil: Nah bei Gott leben (Psalm 51,13-14)
  7. Teil: Ein Hirte für Sünder (Psalm 51,15-17)
  8. Teil: Ein zerbrochenes Herz (Psalm 51,18-21)
Ein Hirte für Sünder
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