/ Weihnachten

Schönes Geschenk

Josua Hunziker Josua Hunziker

Zeigt uns die Bibel einen zynischen Gott, der Maulwurfs-Geschenke verteilt?

Schenkt mir meine Frau einen Staubsauger auf Weihnachten, ist die Botschaft dahinter klar. Und wenn es nicht gerade das neuste Roborock Modell mit allem Schnickschnack ist, bei dem ich vor allem für die App-Updates zuständig bin, wird sich meine Freude über das Geschenk - da bin ich ganz ehrlich - in engen Grenzen halten. Darf man ein Geschenk, das vor allem Verpflichtung beinhaltet, überhaupt guten Gewissens als Geschenk bezeichnen?

Ähnlich wäre es mit jemandem, der mir Geld schenkt und dazu eine Karte, auf welcher mit dem Vermerk "Rückzahlbar innert 6 Monaten" die Grenzen des Geschenks deutlich markiert sind. Also - wie bitte? Ist das Geld jetzt geschenkt, oder nicht? Sollte ein Geschenk nicht "no strings attached" daherkommen, also ohne jegliche Verpflichtungen dem Schenker gegenüber?

In kirchlichen Kreisen hören wir oft, dass Gott gewisse Dinge einfach bedingungslos schenkt. Dein Leben ist dir geschenkt, die Erlösung ist dir geschenkt, die Bruderschaft Jesu und der Zugang zum Vater im Himmel ebenfalls. Und klar, die Absicht hinter diesen Formulierungen ist, dass ich mir all das nicht verdienen muss, ja, nicht verdienen kann. Und doch frage ich mich: Ist der Begriff des Geschenks nicht zu kurz gegriffen?

Wir lesen in der Bibel nämlich durchaus von mannigfaltigen "strings attached". Da offenbart sich ein Gott, der einen Herrschafts- und Exklusivitätsanspruch anmeldet, der souverän herrscht und der Leben verteilt und auch wieder nimmt so wie es ihm gefällt. Wir lesen von einem Paulus, der sich als Sklave Christi bezeichnet. Und von einem Jesus, der uns auffordert, alles was uns gegeben ist aufzugeben und ihm nachzufolgen. Also - wie bitte? Macht Gott jetzt zynische "Staubsauger-Geschenke"? Gibt mir ein Leben, nur um mich gleich wieder zur "Rückgabe" aufzufordern? Und erlöst mich, nur um mich dann für seine Zwecke einsetzen zu wollen? Schöne Geschenke, wirklich. Verteilt Gott Maulwurfs-Geschenke mit vordergründig netter Absicht, aber untergraben durch heftige Verpflichtungen?

Jemand klammert sich an seinem Geschenk fest
Photo by Kira auf der Heide / Unsplash

Kürzlich bin ich darüber gestolpert, dass die Idee, dass mein Leben mir gehört, noch gar nicht so alt ist. Über Jahrtausende war die Leibeigenschaft weit verbreitet, und auch "freie" Mitglieder der herrschenden Schichten wahren ihrem König oder Kaiser bedingungslose Loyalität schuldig. Es war lange normal, nicht sich selbst zu gehören. Erst vor wenigen hundert Jahren wurde die Idee populär, dass wenigstens mein Leben mir selber gehört und ich - allen äusseren Zwängen zum Trotz - im innersten ein freies, mir selbst gehörendes Leben besitze. Und ja, auch ich feiere das als Errungenschaft. Aus diesem Menschenbild, welches dem Individuum einen hohen Wert beimisst, sind die Menschenrechte abgeleitet und diese wiederum bilden die Grundlage unserer Verfassung und somit unserer Gesellschaft. Dafür bin ich dankbar.

Doch je länger ich darüber nachdenke, desto mehr komme ich zum Schluss, dass Gottes Haltung nuancierter ist als eine platte "Hier hast du, mach damit was du willst, freu dich dran und wenn du's nicht mehr brauchst, wirf's weg."-Schenker-Attitüde. Dass wir uns - durch die Brille der Bibel betrachtet - etwas vormachen, wenn wir unser Leben oder unsere Erlösung als "Geschenke" bezeichnen, über die wir verfügen können, wie es uns beliebt.

Jedes der oben zitierten göttlichen "Geschenke" ist eben mehr als das: Es ist eine Einladung zur Beziehung und gleichzeitig ein Gefäss und Mittel dazu. Das Leben, die Erlösung, der Zugang zu Gott sind mir gegeben, um Gott zu erkennen und mit ihm zu sein. Sie sind mir weniger geschenkt, als vielmehr anvertraut. Sie sind gegeben mit einem Zweck - nicht aus Zynismus, sondern aus ehrlicher, aufrichtiger Güte.

Irgendwann werde ich "mein" Leben wieder abgeben. Das ist nur ungerecht und erschreckend, wenn ich es als meinen Besitz betrachte. Bis dahin möchte ich herausfinden, wozu es mir anvertraut ist und erleben was passiert, wenn ich es diesem Zweck zufolge gestalte. Und ich bin mir sicher: Das ist ungleich spannender und deutlich erfüllender als ein nach eigenem Gutdünken vor mich hin gelebtes "Ich mach jetzt mal wozu ich Lust habe"-Leben.

Schönes Geschenk
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