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Schon immer getragen

Josua Hunziker Josua Hunziker

Wir alle tragen unsere Lebensbürde. Doch wer trägt eigentlich uns?

Kaum etwas bereitet meinen beiden Jungs mehr Freude, als wenn ich sie trage. Sei es im "Huckepack", auf den Schultern sitzend (die Luft scheint besser zu sein auf 2m Höhe) oder beim allseits beliebten "Füsse-Tragen", bei welchem sie von mir kopfüber gefährlich nahe an Stuhlbeinen und Treppenkanten vorbeibugsiert werden. Und - ganz ehrlich - ich beneide sie immer wieder auch ein wenig um dieses Privileg, von Papa getragen und herumgewirbelt zu werden.

Selber trage ich natürlich noch weit mehr als meine Jungs. Ich trage Kleider, Brille und manchmal einen Sack Erde im Garten. Ich trage Gedanken, Wünsche, Ideen und Sorgen mit mir herum. Manchmal trage ich ein schweres Herz. Und immer wieder erlebe ich es, dass ich mir Dinge auflade, die auf den ersten Blick mit Leichtigkeit zu tragen sind, ja sogar lustvoll scheinen, nur um sich über die Zeit zu Gewichten zu entwickeln, die mir immer schwerer auf den Schultern lasten. Eindrücklich wurde mir das im 4M XCC Basecamp vor 7 Jahren vor Augen geführt, als uns in einer Sequenz ein Stück Holz mit auf den Weg gegeben wurde. Erst dachte ich "Ach, so leicht? Kein Problem." Doch je länger sich der einsame Weg durch den Wald zog, desto mehr drückte der Balken auf meine Schulter und meine Stimmung.

Götzen sind auch mein Problem

Die Bibel spricht immer wieder vom Götzendienst - besonders die alttestamentlichen Propheten prangern diesen an und warnen eindringlich davor. Und mit "Götzendienst" meint die Bibel nicht etwa spezifisch die Verehrung von Holz- und Steinstatuen, sondern in einem generelleren Sinne meine Gewohnheit, mein Herz und meine Hoffnung auf Dinge und Ideen zu richten, anstatt auf den lebendigen Gott. In seinem Buch "Counterfeit Gods" hat Timothy Keller einen Götzen so definiert:

Was ist ein Götze? Es ist alles, das dir wichtiger ist als Gott, alles was dein Herz und deine Vorstellungskraft mehr als Gott auf sich zieht, alles wovon du dir etwas erhoffst was nur Gott dir geben kann. (Übersetzung durch den Autor)

Das Problem dabei? Die Götzen dieser Welt - allen voran Geld, Sex und Macht - halten ihre Versprechen nicht. Hänge ich mein Herz an sie, werden sie immer mehr von mir verlangen und mir immer weniger zurückgeben. Fühlt sich die Jagd nach Geld und Ruhm zu Beginn vielleicht noch prickelnd und aufregend an - über die Zeit werden ihre Versprechen sich als leer und hohl entpuppen und die aufregende Jagd mutiert zur schleppenden, belastenden Wanderung durch die innere Wüste. Wie oft habe ich konsterniert erkennen müssen, dass ich über Jahre einer Fata Morgana hinterhergerannt bin und mir dabei - völlig unnötig - eine schwere Last habe aufbürden lassen.

Mann Balken auf der Schulter
Photo by Jamie Street / Unsplash

Schon immer getragen

Im Propheten Jesaja bin ich kürzlich auf ein spannendes Bild dazu gestossen: Der Prophet scheint eine Prozession zu Ehren von babylonischen Göttern verfolgt zu haben und stellt diese - inspiriert durch Gottes Geist - in scharfen Kontrast zum lebendigen Gott Israels:

Bel bricht zusammen, Nebo krümmt sich. Ihre Götzenbilder werden Last- und Zugtieren aufgeladen, die unter der Bürde ihrer Last ermüden. Die Tiere krümmen sich und gehen in die Knie. Sie sind weder imstande, die ihnen aufgeladenen Götzen in Sicherheit zu bringen noch die, die sie verehren, denn sie müssen allesamt in die Gefangenschaft ziehen. (Die Bibel, Jesaja 46, 1-2, "Neues Leben" Übersetzung)

Und jetzt kommt's:

»Hör mir zu, Haus Jakob, und ihr Israeliten, die ihr übrig geblieben seid. Seit eurer Geburt seid ihr mir aufgeladen, vom Mutterleib an trage ich euch. Ich will euer ganzes Leben lang euer Gott sein – ich werde euch tragen, bis euer Haar vom Alter ergraut. Ich habe es getan und ich werde euch weiterhin tragen. Ich werde euch auf meine Schulter laden und euch retten. (Die Bibel, Jesaja 46, 3-4, "Neues Leben" Übersetzung)

Jesaja analysiert glasklar: Die Götzen dieser Welt werden immer von dir verlangen, getragen zu werden. Es kümmert sie nicht, wenn du unter ihrer Last zerbrichst und in die Knie gehst. Wie ein blutsaugender Parasit suchen sie sich einfach ihr nächstes Opfer und lassen dich erschöpft liegen.

Wie anders der lebendige Gott der Bibel. Nicht er will von uns getragen werden - im Gegenteil! Ob wir es merken oder nicht - er hat uns von Anfang an getragen und möchte es auch weiterhin tun - bis ins hohe Alter. Es ist unsere Entscheidung, ob wir uns diesem tragenden Gott hingeben oder uns weiter mit den glitzernden, leeren Versprechen anderer Götter abmühen möchten.

Und plötzlich muss ich gar nicht mehr neidisch sein auf meine Jungs, die sich ab und zu bei Papa auf die Schultern setzen dürfen.

Schon immer getragen
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