So ziemlich alles steht und fällt mit der Qualität unserer Beziehungen: Zu Mitmenschen, uns selbst und Gott. Wie sollen wir denn Beziehung leben?
Kurz nachdem Gott die Welt schuf und alles als sehr gut bezeichnete, kam er zum Schluss, dass etwas nicht gut ist: Gott, der HERR, sagte: »Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist. Ich will ihm jemanden zur Seite stellen, der zu ihm passt!« (1.Mose 2,18). Adam sehnte sich nach einem Gegenüber. Diese Sehnsucht nach einem Gegenüber hat Gott bewusst in den Menschen hineingelegt.
Wir alle sind von Gott für Beziehung geschaffen. In tragfähigen Beziehungen erleben wir grosse Freude und Stärkung unserer Person. Wir sind gesünder, stabiler, innovativer, kreativer und belastbarer. Wir entwickeln eine gesunde Identität und verfügen über genügend Ressourcen um uns in Familie, Beruf, Gesellschaft und Kirche zu engagieren.
Beziehungen, Freundschaften, Ehen und Familien sind nicht primär dafür gedacht, dass ich beschenkt werde, sondern, dass ich daran wachsen kann und in Gottes Ebenbild verwandelt werde, um seinen Auftrag in seiner Gesinnung auszuführen.
Wir träumen davon, dass Menschen aufblühen, indem sie Jesus nachfolgen und ihre Leben auf folgende Ziele ausrichten: Bei Jesus sein, werden wie er und tun was er tat.
Wir brauchen vitale Beziehungen, um Jesus ähnlicher zu werden und den Auftrag unseres Meisters weiter zu führen.
Wie entstehen vitale Beziehungen unter Menschen? Für so vieles braucht es heute einen Fähigkeitsausweis. Nur nicht für Beziehungen. Beziehungsfähigkeit kann erlernt werden. Wie? Ganz einfach: In Beziehungen.
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Was bedeutet Beziehungsfähigkeit?
Um eine gesunde, vitale, stabile und tragfähige Beziehung aufzubauen, müssen wir erst einmal wissen, wohin die Reise geht. Was ist das Ziel? Was soll erlernt werden? Nachfolgend ein paar Anhaltspunkte der Paar- und Familienberaterin Susanna Aerne.
Beziehungsfähig sein bedeutet:
- Als Person eigenständig sein
- Seine Persönlichkeit mutig ausleben
- Fähigkeiten mutig einsetzen
- Gleichwertigkeit mit anderen leben
- Gemeinsames suchen und leben können
- Sich auf gemeinsame Erlebnisse einlassen
- Verantwortung und Verlässlichkeit leben
- Empathie: die Bereitschaft und die Fähigkeit, sich in den anderen hineinzuversetzen
- Sich selber kennen und reflektieren können
- Mit den eigenen Bedürfnissen umgehen können
- Gefühle zulassen und angemessen äussern können
- Ein Gleichgewicht zwischen Nähe und Distanz finden und einander zugestehen
- Dem Gegenüber Raum und Zeit für sich alleine geben
- Ehrlichkeit und Offenheit leben
- Nähe zulassen und sich verletzlich machen
- Das Beste für den anderen suchen und das Beste dafür zu geben
- Von mir weg zum anderen schauen
- Andersartigkeit des Gegenübers anerkennen und Ergänzung sehen
- Sich freuen über die Stärken und Begabungen des anderen
- Neid keinen Platz geben
- Unterschiedliche Erwartungen und Vorstellungen respektieren und gemeinsame Wege suchen
- Den anderen so lieben und achten wie er ist
- Herausforderungen als «Wir-Herausforderungen» sehen
- Im Konflikt fair auszutragen und gemeinsame Lösungen finden
- Kompromisse eingehen können
- Enttäuschungen verzeihen und vergeben
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Reflektierst du deine Beziehungen?
- Wie steht es mit deinen Erwartungen, deinem Engagement und deinem Verhalten?
- Bist du auch schon in die Falle getappt, dein Glück vom Gegenüber abhängig zu machen?
- Wer definiert deinen Selbstwert?
- Wo suchst du Anerkennung?
Familie und auch Kirche als Gemeinde-Familie sind Orte, wo wir Beziehungsfähigkeit üben und trainieren können.
Eine Beziehung will gebaut werden
Jedes Haus braucht ein stabiles, sicheres Fundament, gut verankert, tragfähig und erdbebensicher. Das gilt auch für unsere Beziehungen. Wenn diese den Lebensstürmen Stand halten sollen, müssen sie auf einem guten Fundament aufgebaut sein.
Jesus sagt, wie das gelingen kann. Er sagt von sich, dass er der Eckstein sei, nach dem das ganze Haus ausgerichtet sein soll. Er sagt weiter, dass er ein starker Fels sei, auf dem wir unser Lebenshaus sicher aufbauen können.
Wer nun auf das hört, was ich gesagt habe, und danach handelt, der ist klug. Man kann ihn mit einem Mann vergleichen, der sein Haus auf felsigen Grund baut. (Matthäus 7,24)
Durch das verbindliche, uneingeschränkte JA! von Gott zu uns, gibt er uns die Grundlage für unser JA! zu anderen.
Er selbst ist in seiner Person das JA! Gottes zu uns, denn alle Zusagen Gottes erfüllen sich in ihm. Und auf das, was Christus für uns getan hat, antworten wir zur Ehre Gottes mit »Amen«. Gott selbst hat unser Leben auf ein festes Fundament gestellt, auf Christus, und uns mit seinem Geist erfüllt. So drückte er uns sein Siegel auf, wir sind sein Eigentum geworden. (2.Korinther 1,19-22)
Das verbindliche, ernsthafte JA! zu diesem einen Menschen ist die Voraussetzung, damit diese Person Vertrauen aufbauen, Sicherheit und Geborgenheit erleben kann. Denn nichts ist so identitätsstiftend und sozialisierend wie das uneingeschränkte JA! eines anderen Menschen.
Dieses uneingeschränkte JA! bewirkt, dass wir Nähe zulassen und eine tiefe Verbindung zu einem Menschen eingehen können. Dieses bedingungslose JA! ist massgebend für die Tiefe der Liebe, die entstehen kann.
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Wissen sich meine Freunde von mir angenommen, wie sie sind oder haben sie das Gefühl, nicht zu genügen?
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Erlebe und lebe ich wirkliche Herzensnähe und Vertrautheit in meinen Freundschaften?
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Was kann ich tun?
Beziehung hat immer auch etwas mit mir zu tun. Ich trage einen wesentlichen Teil zum Gelingen von Beziehungen bei.
a) Für mein Glück und meine Zufriedenheit bin in erster Linie ich selbst zuständig. Ich kann nicht den Anspruch an meinen Partner, an eine Freundin oder an einen Freund stellen, dass er/sie für mein Glück verantwortlich ist. Damit überfordere ich mein Gegenüber.
b) Mein Selbstwert darf nicht durch mein Gegenüber definiert werden. Ich muss wissen, wer ich in Gottes Augen bin (geliebt, geachtet, gesehen, gerufen, berufen, befähigt).
c) Aus dem persönlichen Glauben erstarkt eine gesunde Identität. Der Mensch ist tief in Gott verankert, was ihm Sicherheit und eine zuversichtliche Sicht auf das Leben schenkt.
d) Für meine persönliche und charakterliche Entwicklung bin ich selbst verantwortlich. Ich brauche den Willen und die Bereitschaft zu lernen und mich zu entwickeln, kognitiv, physisch, sozial, emotional und geistlich. Dazu gehört, dass ich mich bewusst reflektiere: Mein Handeln, Fühlen und Denken, meine Prägungen und Defizite.
e) Ich habe eine Vorstellung davon, wie ich mein Leben gestalten möchte und kann das kommunizieren.
Reflexion
- Wie lebst du deine Beziehungen – zu Freunden, zu deinem Partner, zu deinen Kindern?
- Erleben Menschen bei dir Annahme, Sicherheit und Herzensnähe, so dass sie aufblühen und in ihrer Identität erstarken?
- Erlebst du das selber auch?
- Wenn nicht, wie kannst du das ändern?