Die Frage lautet nicht: Werde ich geprägt? Sondern: Wer oder was prägt und formt mich? Zu was für einem Menschen werde ich? Eine kleine Auslegeordnung.
"Das geht doch gar nicht!", entgegnete unsere siebenjährige Tochter, nachdem sie auf der Fahrt zum Gottesdient nach dem Thema der Predigt gefragt hatte. Nun, ich kenne ihre Äusserung gut aus meinen eigenen Gedanken. Ist das überhaupt möglich? Und wenn ja, wie soll das gehen? Paulus schreibt darüber im 2.Korintherbrief 3,18:
Ja, wir alle sehen mit unverhülltem Gesicht die Herrlichkeit des Herrn. Wir sehen sie wie in einem Spiegel, und indem wir das Ebenbild des Herrn anschauen, wird unser ganzes Wesen so umgestaltet, dass wir ihm immer ähnlicher werden und immer mehr Anteil an seiner Herrlichkeit bekommen. Diese Umgestaltung ist das Werk des Herrn; sie ist das Werk seines Geistes.
Der Ruf
Jesus ruft dich zu sich. Er wählt dich aus, sein Lehrling zu sein. Wir sind von ihm eingeladen, in seiner nächsten Nähe zu leben, uns von ihm prägen und formen zu lassen und von ihm zu lernen, wie das Leben als Mensch in vertrauensvoller Beziehung mit dem himmlischen Vater aussieht. Sein Ziel dabei ist es, dass wir Gleiches und Grösseres tun können wie er. Dabei will er nicht nur, dass wir seine Werke tun, sondern auch auf seine Art und Weise. Darum hat die Lehre bei Jesus zum Ziel, dass wir unserem Lehrmeister immer ähnlicher werden.
Der Fokus
Wir werden Jesus immer ähnlicher, indem wir uns auf ihn fokussieren. Auf das Leben von Jesus, wie es in den Evangelien beschrieben wird. Auf seine Aussagen, die er über Gott, unseren Vater im Himmel, über den Heiligen Geist, den er senden wird und über sich selbst machte. Es ist wie beim Auto- oder Fahrradfahren. Du fährst in die Richtung, in die du blickst. Wenn du zu sehr auf den Strassenrand und die Mauer neben der Strasse blickst, wirst du dich automatisch von der Ideallinie zur Seite bewegen.
Als Kaleo Kirche wollen wir gemeinsam Jesus nachfolgen, im Rhythmus seiner Gnade. Wir fokussieren uns dabei auf ein dreifaches Ziel: Bei Jesus sein, werden wie er und tun, was er tat.
Die Hürde
Die erste Hürde dabei lautet: Zeit. Wir haben alle keine Zeit. Wirklich? Falsch! Wir haben alle gleichviel Zeit pro Tag: 24 Stunden. In dieser Zeitspanne fliesst unsere Lebensenergie in verschiedene Aktivitäten und wird (hoffentlich) im gesunden Tiefschlaf gut regeneriert.
Was prägt dich?
Nun stellt sich die Frage, wer oder was dich den ganzen lieben langen Tag so prägt? Zu was für einem Menschen entwickelst du dich über die Tage, Wochen und Jahre? Und gefällt dir deine Entwicklung? Möchtest du so sein? Bist du gern dich selbst? John Mark Comer schreibt:
Wir alle werden geformt, durch ein komplexes Gemisch aus genetischer Vererbung, Familienmustern, Kindheitstraumata, Erziehung, Gewohnheiten, Entscheidungen, Beziehungen, inneren Orientierungen, Einstellungen, Umfeld, Reaktionen auf dieses Umfeld und vieles andere mehr.
Wir wurden also schon geprägt. Wir bringen unsere Prägung mit, wenn wir die Ausbildung beim Meister Jesus absolvieren. Es gibt keinen neutralen Boden. Wir entwickeln uns alle.
Mit anderen Worten: Wir werden entweder zu Repräsentanten von Gottes heilender und befreiender Gnade oder zu Trägern der Krankheit dieser Welt.
Die Krankheit
Die Krankheit dieser Welt nennt die judäo-christliche Weltanschauung Sünde. Vielleicht zuckst du zusammen bei diesem Begriff, doch:
Menschen als sündig zu bezeichnen, ist genauso wenig herabwürdigend wie die Aussage eines Arztes, dass sein Patient ein Problem mit der Leber hat. Es ist einfach nur ehrlich. In der biblischen Theologie gibt es nämlich drei Dimensionen von Sünde. Sünde, die wir tun, Sünde, die uns angetan wird und Sünde in unserem Umfeld.
Wenn wir Jesus ähnlich werden wollen, müssen wir zuerst das Problem der Sünde angehen. Und genau dafür hat Jesus gesorgt. Er hat eine endgültige Lösung für die Krankheit dieser Welt. Wir dürfen mit unserer Sünde zu ihm kommen. Mit all dem Mist den wir gebaut haben, mit den Verletzungen, die andere uns zugefüght haben und dem Umfled, unter dem wir leiden. Jesus kann und will uns von der Macht der Sünde befreien, damit wir frei sind, ihm nachzufolgen und ihm ähnlich zu werden. Wir müssen uns unserer Sünde stellen.
Andernfalls ist die spirituelle Reise so, als würden wir mit einem gebrochenen Bein und Krebs im fortgeschrittenen Stadium versuchen, einen Triathlon zu bestreiten.
Wenn Jesus dich befreit, dann bist du wirklich frei! Und nun geht es darum, dich von Jesus prägen und formen zu lassen. Dabei musst du dich mit ein paar wichtigen Aspekten befassen: Mit den Geschichten, die du glaubst, mit deinen Gewohnheiten und mit deinen Beziehungen, die dich prägen.
Neuer Input
Es ist kein Zufall, dass Jesus öffentlich als Rabbi, als Lehrer auftrat. Denn gesunde Lehre ist eines der Hauptmittel um alte, unnütze Narrative zu durchbrechen und neue Denkmuster zu kreieren. Das Bild, welches wir von Gott haben, spielt dabei eine zentrale Rolle.
Deshalb gilt: Geistliches Wachstum beginnt immer mit der Heilung unserer falschen Gottesbilder.
Gelerntes einüben
Wissen allein bleibt Information, wenn wir es nicht anwenden und vom Wollen ins Tun kommen. Tun ist ja bekanntlich wie wollen, nur krasser. Erst im Tun gelangen wir zu einer Erkenntnis, die sich tief in unser Vaerhalten, Denken und Fühlen einprägt. Weisheit entsteht aus der Erfahrung von angewandtem Wissen.
Jeder nun, der diese meine Worte hört und sie tut, den werde ich mit einem klugen Mann vergleichen … Matthäus 7,24; ELB
Gemeinschaft leben
John Mark Comer schreibt: Du kannst Jesus nicht allein nachfolgen. Nicht: Du solltest es nicht. Sondern: Du kannst es nicht.
»Langfristige zwischenmenschliche Beziehungen sind der Schmelztiegel für echten Fortschritt im christlichen Leben. Menschen, die bleiben, wachsen auch. Menschen, die gehen, wachsen nicht.« -Dr. Joseph Hellerman
Dem Heiliger Geist Raum geben
Gottes Geist ist die ultimative Quelle unserer Veränderung.
Die Christusähnlichkeit in unserem innersten Kern ist nicht das Ergebnis davon, dass wir alle geistlichen Übungen vorschriftsmäßig praktizieren, eine »gute Gemeinde« finden oder endlich die richtige Lebensweise auf die Reihe kriegen, sondern sie ist immer ein Geschenk der reinen Gnade.
Zeit investieren
Es braucht Zeit. Viel Zeit. Lange Zeit. Gut Ding muss Weile haben.
Natürlich ist »Zeit« hier doppeldeutig gemeint: Zum einen wird unsere Formung über eine lange Zeitspanne andauern – nämlich ein Leben lang. Und zum anderen wird sie auch viel Zeit in Anspruch nehmen.
Leiden als Schmelztiegel
Ein letzter Gedanke, den niemand von uns hören will: Die schwierigsten Momente in unserem Leben – die, die wir fürchten und um jeden Preis vermeiden wollen – sind unsere Schmelztiegel. Sie haben das größte Potenzial, unsere Seele in die Gestalt von Jesus umzuschmieden. Alle Autoren des Neuen Testaments bezeugen dieses heilige Geheimnis.
Schlussfragen:
- Was ist der Mittelpunkt deines Lebens? Ist es Jesus und sein Trainingsplan für dich? Oder etwas anderes?
- Bist du dir deiner Prägung bewusst, die du in die Nachfolge mitbringst?
- Kennst du Jesus persönlich? Lebt er in dir?
- Hast du dich dem Problem der Sünde in deinem Leben gestellt?
- Welche Geschichten, Gewohnheiten und Beziehungen formen und prägen dein Leben?
- Stimmt dein Gottesbild mit dem überein, wie Jesus uns den himmlischen Vater vorstellt?
- Hast du den Trainingsplan von Jesus in dein Leben integriert? Nach welchem Rhythmus lebst du?
- Lebst du Gemeinschaft mit anderen Lehrlingen von Jesus, insbesondere mit solchen, die weiter sind als du und die dich ermutigend herausfordern, die nächsten Schritte zu gehen?
- Lebst du in einer persönlichen Beziehung mit dem Heiligen Geist?
- Hast du ein Bewusstsein für Gottes Nähe und Wirken an dir, im Schmelztiegel des Leidens?