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Nahrung für hungrige Kämpfer

Emanuel Hunziker Emanuel Hunziker

Der Schrei nach Rache schallt durch die Gassen. Die Entrechteten rufen nach einem Rächer. Wer in aller Welt sorgt für Gerechtigkeit?

Die Rache ist mein

"Das steht mir zu!" höre ich meine Seele schreien. "Ich hab ein Recht darauf, lasse mich nicht einfach so abspeisen!" donnert es in meinem Innern. "Und wehe, du wagst es mich noch einmal so zu hintergehen, dann werde ich..."

»Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.« Matthäus 5,6

Was meint Jesus damit? Ist er etwas auf Rache aus?

»Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.« Römer 12,19

Das klingt ziemlich eindeutig. Doch zuvor schreibt Paulus:

»Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes«

Also doch nicht rächen? Und wie soll denn Gerechtigkeit hergestellt werden? Kommt Jesus um sich an unserer stelle zu rächen?

»Denn ich bin nicht gekommen, dass ich die Welt richte, sondern dass ich die Welt rette.« Johannes 12,47

Retten statt richten

Jesus richtet die Welt wieder auf ihre Bestimmung aus, indem er sie rettet. Wie macht er das? Mit ein paar Lifehacks? Mit positivem Denken? Mit einem geschickten politischen Putsch? Nein. Der Schöpfer rettet seine Schöpfung, indem er alle seine Privilegien niederlegt und uns Menschen gleich wird. Einer von uns.

»Er, der Gott in allem gleich war und auf einer Stufe mit ihm stand, nutzte seine Macht nicht zu seinem eigenen Vorteil aus. Im Gegenteil: Er verzichtete auf alle seine Vorrechte und stellte sich auf dieselbe Stufe wie ein Diener. Er wurde einer von uns – ein Mensch wie andere Menschen.« Philipper 2,6-7

Ok, da wählt jemand den Weg nach unten. Schon mal beeindruckend, wenn jemand bereit ist, seine Privilegien loszulassen, um sich mit den Entrechteten zu solidarisieren. Aber genügt das, um Gerechtigkeit bringen?

»Aber er erniedrigte sich noch mehr: Im Gehorsam gegenüber Gott nahm er sogar den Tod auf sich; er starb am Kreuz wie ein Verbrecher.« Philipper 2,8

Jesus geht tiefer

Es geht also noch tiefer. Jesus geht tiefer. Tiefer hinab, bis in die Finsternis des Todes. Sein Tod war kein natürlicher. Nein, vielmehr ein schamvoller, grausamer, entwürdigender, schrecklicher Tod. Ein Sterben auf Raten unter Qualen. Einem Verbrecher gleich. Was hat das zu bedeuten? Was soll das bringen? Paulus löst das Rätsel auf:

»Deshalb hat Gott ihn auch so unvergleichlich hoch erhöht und hat ihm als Ehrentitel den Namen gegeben, der bedeutender ist als jeder andere Name. Und weil Jesus diesen Namen trägt, werden sich einmal alle vor ihm auf die Knie werfen, alle, die im Himmel, auf der Erde und unter der Erde sind. Alle werden anerkennen, dass Jesus Christus der Herr ist, und werden damit Gott, dem Vater, die Ehre geben.« Philipper 2,9ff

Okay, jetzt wird es aber richtig heftig. Wenn ich das richtig verstehe, wird der, der sich am Tiefsten hinunter beugt, am Ende am Höchsten hinaufgehoben. Ihm soll alles unterworfen werden und alle sollen sich vor ihm beugen. Eine Position, aus der er die Macht und Autorität hat, für Gerechtigkeit zu sorgen.

»Es ist eine Gerechtigkeit, deren Grundlage der Glaube an Jesus Christus ist und die allen zugute kommt, die glauben.« Römer 3,22

SELIG--9-

Gerechtigkeit aus Glauben

»Dass sie für gerecht erklärt werden, beruht auf seiner Gnade. Es ist sein freies Geschenk aufgrund der Erlösung durch Jesus Christus. Ihn hat Gott vor den Augen aller Welt zum Sühneopfer für unsere Schuld gemacht. Durch sein Blut, das er vergossen hat, ist die Sühne geschehen, und durch den Glauben kommt sie uns zugute. Damit hat Gott unter Beweis gestellt, dass er gerecht gehandelt hatte, als er die bis dahin begangenen Verfehlungen der Menschen ungestraft liess. Wenn er Nachsicht übte, geschah das im Hinblick auf das Sühneopfer Jesu. Durch dieses hat er jetzt, in unserer Zeit, seine Gerechtigkeit unter Beweis gestellt; er hat gezeigt, dass er gerecht ist, wenn er den für gerecht erklärt, der sein ganzes Vertrauen auf Jesus setzt.«

Es gibt keinen, der mehr nach Gerechtigkeit hungert und dürstet, als Jesus. Unser Hunger und Durst nach Gerechtigkeit kann nur bei Jesus selbst gestillt werden. Gleichzeitig wird unser Hunger nach Gerechtigkeit in seiner Gegenwart neu entfacht. Doch nicht etwa durch Rache-Gelüste, sondern durch ein Herz, dass von Jesus in Brand gesetzt wird, um für sein Friedensreich und seine Gerechtigkeit zu leben und auf dieser Erde Ungerechtigkeit durch Liebe und opferbereite Hingabe zu beseitigen.

Opferbereite Liebe

»Dann wird der König zu denen zu seiner Rechten sagen: Kommt her, Gesegnete meines Vaters, erbt das Reich, das euch bereitet ist von Grundlegung der Welt an! Denn mich hungerte, und ihr gabt mir zu essen; mich dürstete, und ihr gabt mir zu trinken; ich war Fremdling, und ihr nahmt mich auf; nackt, und ihr bekleidetet mich; ich war krank, und ihr besuchtet mich; ich war im Gefängnis, und ihr kamt zu mir. Dann werden die Gerechten ihm antworten und sagen: Herr, wann sahen wir dich hungrig und speisten dich? Oder durstig und gaben dir zu trinken? Wann aber sahen wir dich als Fremdling und nahmen dich auf? Oder nackt und bekleideten dich? Wann aber sahen wir dich krank oder im Gefängnis und kamen zu dir? Und der König wird antworten und zu ihnen sagen: Wahrlich, ich sage euch, was ihr einem dieser meiner geringsten Brüder getan habt, habt ihr mir getan.«

Anstatt selbstbehaftet sich um sich selbst zu drehen, fordert Jesus seine Nachfolger auf, es ihm gleich zu tun und sich auf den himmlischen Vater und seine Versorgung auszurichten, nach seinem Reich zu trachten und nach seiner Gerechtigkeit:

Trachtet zuerst

»So seid nun nicht besorgt, indem ihr sagt: Was sollen wir essen? Oder: Was sollen wir trinken? Oder: Was sollen wir anziehen? Denn nach diesem allen trachten die Nationen; denn euer himmlischer Vater weiss, dass ihr dies alles benötigt. Trachtet aber zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit! Und dies alles wird euch hinzugefügt werden. So seid nun nicht besorgt um den morgigen Tag! Denn der morgige Tag wird für sich selbst sorgen. Jeder Tag hat an seinem Übel genug.«

Jesus dreht den Spiess um. Statt für die eigene Gerechtigkeit zu kämpfen, fordert er uns auf, nach Gottes Reich und seiner Gerechtigkeit zu trachten. Das nannte Viktor Frankl "Selbsttranszendenz", also die Fähigkeit und Notwendigkeit, dass wir Menschen für einen höheren Sinn und Zweck als nur für uns selbst leben. Darin liegt eine Sättigung für alle, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten.

Nahrung für hungrige Kämpfer
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