Gerechtigkeit und Selbstbestimmung sind uns westlichen Menschen wichtig, doch wer weiss, was wir wirklich brauchen und wann ist etwas fair oder eben total unfair? Ich lernte vom verlorenen Sohn so einiges über mich selbst und Gott als Vater.
Die Hosentaschen gefüllt mit Schokobons kam ein Junge kürzlich zum Mittagstisch. Auf die Frage, woher und warum er sie bekommen habe, meinte er: Sie hätten das Thema "Was ist fair?" in der Schule und jeder hätte aus einer Kiste voller Schokobons so viele rausnehmen können, wie er oder sie wollte. Er fand das sehr cool und hatte entsprechend zugeschlagen.
Was um Himmels Willen ist fair?
Ich fragte mich: Ist es denn fair, wenn jeder nehmen kann, so viel er will? Ist es gerecht, wenn jeder genau gleich viel bekommt? Oder wenn jeder gemäss seinen Leistungen und seinem Betragen entsprechenden Lohn ausgeteilt bekommt? Wenn Letzteres, wer definiert dann den Wert einer Leistung?
Fairness, beziehungsweise Gerechtigkeit, ist ein Thema, das mich immer wieder bewegt. Es ist ein Gesellschaftsthema. Demonstrationen und Protestläufe nehmen zurzeit zu: "Mein Körper gehört mir" (oder neuerdings auch "Meine Brüste gehören mir - ich hab ein Recht darauf nicht zu stillen), Vaterschaftsurlaub, #metoo, #fridaysforfuture, #blacklivesmatter, um nur ein paar wenige Beispiele zu nennen. Und dann gibt's da noch jene, die nicht demonstrieren dürfen, weil mit Gewalt gedroht wird, wie z.B. der "Marsch fürs Läbä" in Zürich, bzw. Winterthur. Wieder unfair.
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Themen, die sich auf der Strasse äussern, haben ihren Ursprung aber im Herzen von Menschen. Die Wurzel liegt tiefer. Ich habe festgestellt, ich protestiere auch. Zwar nicht öffentlich und nicht lauthals wie ein kleines Kind, aber in meinem Kopf: Ich finde es z.B. unfair, dass unser Wunsch ein zweites Kind zu haben, unerfüllt bleibt, während andere Menschen ihr Kind abtreiben, weil die Schwangerschaft ungelegen kommt oder weil das Kind das falsche Geschlecht hat.
Wohin mit meinem Protest?
Mit meinen persönlichen Protesten bin ich nicht auf die Strasse, aber zu Gott gegangen. Wie ein Kind zu seinem Vater, hab ich ihm gesagt, was ich alles unfair finde und nicht verstehe. Ungefiltert, unter Tränen und mit Frust. Und Gott antwortete mir. Er stellte mir eine verblüffende Gegenfrage: "Was wäre denn fair?" Verdutzt überlegte ich, was ich bezüglich meinem Anliegen antworten sollte. Alle kriegen gleich viele Kinder? Nein, das macht keinen Sinn. Jeder kriegt, so viele Kinder, wie er will? Auch das geht nicht auf. Kinder als Belohnung für unsere Leistung? Absurd. Ich kam mir vor, wie der Hauptdarsteller im Film "Die Hütte", als er die Aufgabe bekam über seine Familienangehörigen zu richten und dabei schmerzhaft realisierte, dass er es nicht kann. Beschämt antwortete ich: "Herr, nur du weisst es. Danke, dass du der gerechte Gott bist und ich dir absolut vertrauen kann."
Ich realisierte, ich kann nicht beurteilen, was wirklich gerecht ist. Und ich glaube auch in unserer westlichen Gesellschaft, wo Freiheit einer der höchsten Werte zu sein scheint, stossen wir sehr an Grenzen, wenn es für alle fair sein soll. Es gab schon viele Formen der Politik, die versucht haben, Gerechtigkeit herzustellen, doch jede Form hat ihre Schwächen und ich würde wagen zu behaupten: ES GIBT KEINE MENSCHLICHE GERECHTIGKEIT. Selbst wenn wir uns noch so bemühen, wir bleiben subjektiv, egoistisch, impulsiv.
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Sorge selbst für Gerechtigkeit!
Unser Bedürfnis Gerechtigkeit herzustellen, für unsere Anliegen zu kämpfen ist gross. Wir möchten am liebsten selbst für Gerechtigkeit sorgen. Vielleicht nicht grad mit Vergeltung. Subtiler. Indem wir Menschen in unseren Gedanken und mit Worten verurteilen. Indem wir uns über andere erheben. Indem wir denken, wenn wir "gut" leben, hätten wir dafür dies oder jenes "verdient". All diese Formen haben ihre Widerhaken, die sich in unseren Herzen festhängen und böse Wunden zurücklassen. Wenn uns plötzlich Schicksalsschläge ereilen, realisieren wir, dass unsere Selbstgerechtigkeit uns nicht erlöst, sondern gefangen genommen hat.
Mein Frust hatte seine Wurzel auch in einer Form von Selbstgerechtigkeit. Gott hat liebevoll und klar hineingesprochen:
"Mein Kind, du bist doch allezeit bei mir und alles, was mir gehört, gehört auch dir." Lukas 15.31
Es war schmerzhaft mich im Gleichnis der verlorenen Söhne im frustrierten, älteren Sohn wiederzufinden, der dem Vater Vorwürfe macht, weil er sich ungerecht behandelt fühlt. Doch die Worte des Vaters sind voller Gnade. Das war befreiend. Ich realisierte: Da ist ein Reichtum, den ich noch nicht entdeckt habe. Ein Reichtum, der mir zugänglich ist. Jederzeit. Ich komme niemals zu kurz.
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Vertraue dich dem Richter an!
Nur Gott kennt dein Leben, deine Geschichte von Anfang bis Ende. Er gibt dir nicht alles, was du willst. Wie du es bei deinen Kindern auch nicht tun würdest. Und wie eine Freundin treffend sagte: "Ein unerfüllter Wunsch ist nicht mehr als das: Es ist nur ein unerfüllter Wunsch." Kann Gott dir das zumuten? Gott verspricht uns alles zu geben, was wir brauchen. Er steht zu seinem Wort und gibt sogar weit darüber hinaus. Kannst du das glauben für dich persönlich?
Gott allein ist gerecht. Er ist der faire Richter. JESUS IST DIE GERECHTIGKEIT SELBST. Doch seine Gerechtigkeit passt nicht in unser Denken: Er erwählt jene, die es nicht verdient haben. Er vergibt jedem, der schuldig ist. Die Letzten sind bei ihm die Ersten. Die Traurigen und Armen nennt er glücklich. Nicht die Mächtigen sind die Grössten, sondern jene, die dienen.
Vertraue dich dem gerechten Richter an. Es ist immer ein Glaubensschritt, Gott zu vertrauen. Wage den Schritt heute und vertraue ihm! Denn er SELBST (wie krass ist das!) setzt sich für dich ein. Er kämpft deine Kämpfe. Er öffnet deine Augen. Deine Sichtweise wird sich verändern. Du wirst keinen Mangel haben. Sondern ein Segen sein.