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Grundversorgung

Josua Hunziker Josua Hunziker

Lockdown. Alles was nicht zur Grundversorgung notwendig ist, wurde stillgelegt. Eine Chance, den eigenen Versorgungsstand zu betrachten.

Viele Schlagworte bestimmen die Zeitungstitel unserer Tage. "Systemrelevant" ist eines davon. "Grundversorgung" ein anderes. Der Bundesrat hat beschlossen, zum Schutz der Bevölkerung alle Angebote und Aktivitäten zu verbieten, welche nicht zur Stillung der Grundbedürfnisse unserer Gesellschaft dienen. Unklar ist, wo diese Grenze liegt. In unserer vielfältigen Gesellschaft ist es nur natürlich, dass den einen die Massnahmen viel zu weit gehen und den anderen viel zu zaghaft erscheinen.

Auch wir als Christen und Kirchen sind mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Und stellen fest, dass wir aus Sicht von Staat und Gesellschaft schon längst aus der Liste der Dinge gestrichen wurden, welche zum Überleben von schwierigen Zeiten notwendig sind, ja, zur "Grundversorgung" gehören. Oder um es in den Worten eines befreundeten Pastors auszudrücken:

Das ärgert mich seit Beginn der Kommunikation: Ich habe die meisten Medien-Konferenzen mitverfolgt und soweit ich sehen kann, wurde kein einziges Mal die Treffen von Christen und anderen Religionen in den religiösen Anlässen erwähnt.

Wären die Kirchen noch vor 50 Jahren ebenfalls in den allgemeinen Lockdown mit einbezogen worden? Als so nebensächlich erachtet, dass sie der expliziten Erwähnung nicht einmal wert sind? Darüber lässt sich nur spekulieren. Fakt ist: Als "systemrelevant" betrachten die Kirchen sich wohl höchstens noch selbst. Oder?

Eine neue Situation

Interessant finde ich, wie das Verhalten der Kirchen in den Medien durchaus interessiert wahrgenommen und beleuchtet wurde. Während die Einen wahrnehmen wollen, dass ein längst überfälliger "digitaler Ruck" durch die Kirchen gehe und sie gestärkt aus der Krise hervorgehen werden, finden andere die Online Gottesdienste und WhatsApp Angebote nur peinlich. Wieder andere warnen vor "kirchlichem Aktionismus" und rufen zur Stille auf, und nochmals andere beobachten irritiert, wie rasch die Kirchen "ihre Segel gestrichen" und sich in die Online-Welt zurückgezogen haben und fordern die Kirche auf, sich zumindest selbst als systemrelevant zu sehen, gerade weil andere das schon längst nicht mehr tun.


Photo by Joshua Hanson / Unsplash

Fakt ist: Für uns alle ist die Situation neu. Wohl kaum jemand hat sich im Voraus damit befasst, wie in einer solchen Situation Kirche lebendig gelebt werden kann. Auch FCTchurch ist ja neuerdings eine Online-Kirche mit wöchentlichen Livestream Gottesdiensten auf YouTube. So sehr dieses Angebot auch auf Anklang stösst - dass das Gemeindeleben auf Dauer nicht nur aus Online-Gottesdiensten bestehen kann, ist uns wohl allen klar. Die Gemeinschaft und Atmosphäre eines "echten" Gottesdienstes oder einer Kleingruppe kann durch kein Livestream-Angebot ersetzt werden.

Ob die Kirche systemrelevant ist, entscheidest im kleinsten, persönlichen Rahmen erst einmal du selbst. Der Lockdown gibt uns allen die Chance genauer hinzuschauen, sich zu fragen: "Was bedeutet mir meine Kirche ganz persönlich? Ist es schwierig ohne sie? Oder geht das ganz gut? Was fehlt mir? Und was - ehrlich gesagt - nicht?"

Ich glaube, bei vielen von uns werden die Erfahrungen dieser Wochen die Dankbarkeit um das Vorrecht, uns regelmässig treffen zu dürfen, neu erwachen lassen. Wie gut ist es, einer Kirche anzugehören, wo ich regelmässig "auftanken" kann, wo ich tiefe Freundschaft erleben darf und geistliche Nahrung erhalte. Schon jetzt freue ich mich riesig auf den ersten Gottesdienst "nach Corona". Du dich auch?

Die eigene Versorgungssituation betrachten

Neu wird mir in dieser Zeit aber auch klar: Ich kann meine persönliche geistliche Grundversorgung nicht delegieren. Nicht an eine Organisation, an meine Freunde und an meinen Pastor abgeben. Plötzlich kann ich nicht mehr auf regelmässiges Auftanken an Gemeinschaft, Atmosphäre und guten Worten zählen. Und es stellt sich plötzlich in neuer Deutlichkeit die Frage, ob Gott für mein persönliches Leben systemrelevant ist. Diesen Anspruch hat er durchaus! Wie sonst sollte man folgende Aussage interpretieren?

Er wollte euch damit zeigen, dass der Mensch nicht allein von Brot lebt, sondern vor allem von den Worten des HERRN. (5. Mose 8,3)


Photo by Nathan Dumlao / Unsplash

Jesus zitiert diese Stelle auch in Matthäus 4,4, wo er unter grösstem Hunger aufgefordert wird, für ein Brot seinen Ruf aufzugeben. Jesus vertraut also darauf, dass sein Leben vor allem vom Wort des Vaters, von der Verbindung zum Himmel abhängt. Sie sind für ein ganzheitlich gesundes, freies Leben mindestens so wichtig wie das tägliche Brot. Systemrelevant eben. Grundversorgung.

Ein Leben in dieser Grundversorgung von Gottes Gegenwart und Gottes Wort zu führen, liegt in meiner Eigenverantwortung als gläubiger, mündiger Mensch. Ich kann auf die Dauer geistlich gesehen nicht vom Wissen über Gott, einem gerechten Leben und äusseren Energieschüben in organisierten Events leben. Die Beziehung zum Vater, das Leben aus dem Wort Gottes ist verwurzelt im Gebet, in der Gemeinschaft mit Gott durch seinen Heiligen Geist. Gott gibt diese Versorgung - aber nehme ich sie auch in Anspruch? Oder verharre ich in Verhaltensweisen, welche die Bibel letztlich als "tot" bezeichnet? Folgende Begebenheit aus dem Leben des Theologen Francis Schaeffer hat mich diesbezüglich sehr nachdenklich gemacht:

In den frühen 50er Jahren erlebte Francis eine tiefe, aufwühlende geistliche Krise. Während er beständig für die richtige Lehre eingetreten war und sie verteidigt hatte, sah er, wie sein eigenes geistliches Leben mit der Zeit verdorrte. Das brachte ihn dazu, angefangen bei den Grundlagen, alles noch einmal zu durchdenken. Er ging aus der Krise hervor mit einem neuen Bewusstsein dafür, dass der christliche Glaube wirklich Realität ist. Er fragte seine Frau Edith einmal, ob es in ihrem Leben irgendeinen Unterschied machen würde, wenn alle Stellen in der Bibel über den Heiligen Geist und das Gebet gestrichen würden. Sie kamen zu der Einschätzung, dass es keinen Unterschied machen würde. Deshalb entschlossen sie sich zu einer neuen Abhängigkeit von der Realität des Geistes Gottes und des lebendigen Gebets. (Quelle: Evangelium21.net).

Schaeffers einflussreiches Wirken in "L'Abri", welches ihm den Übernamen "Evangelist der Intellektuellen" eingebracht hatte, war nicht in seinem überragendem Intellekt und seiner Argumentation, nicht in seiner Gerechtigkeit gegründet, sondern in der tiefen Beziehung zum lebendigen Gott. Wie sieht das bei mir aus? Machen die Verheissungen zum Gebet und zum Heiligen Geist einen Unterschied in meinem Leben?

Silhouette man praying
Photo by Aaron Burden / Unsplash

Krisen sind Chancen, haben wir in den letzten Wochen immer wieder gehört und gelesen. Ich möchte dich ermutigen, die aktuelle Krise auch zu nutzen, deine eigene geistliche "Grundversorgung" anzuschauen.

Würde die Streichung aller Bibelstellen zum Heiligen Geist und zum Gebet in deinem Leben einen Unterschied machen? Falls nicht oder nur wenig - sei dir nicht zu schade, dir das wie Francis Schaeffer einzugestehen und die Krise zu einem Wendepunkt in deinem Leben zu machen - einem Wendepunkt wo du dich entscheidest, aus einer neuen Abhängigkeit von der Realität des Geistes Gottes und des lebendigen Gebets zu leben.

Denn des HERRN Augen durchlaufen die ganze Erde, um denen treu beizustehen, deren Herz ungeteilt auf ihn gerichtet ist. 2. Chronik 16,9

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