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Krisen sind Chancen?

Sara Schneiter Sara Schneiter

Krisen fordern uns heraus, überfordern uns und wir sind sie in unseren Breitengraden gar nicht gewohnt. Doch, was bleibt, wenn die Krise vorüber ist?

"Krisen sind immer Chancen", schreibt Joanna Hunziker-Merk in ihrem Blogbeitrag. Dieser Satz hat mich bewegt, denn dahinter steht eine positive Sicht, die hilft sich während der Krise zu erheben. Aus der negativen Spirale auszubrechen, neue Hoffnung zu finden und trotz Unsicherheit und Ungewissheit oder gar Angst eine Sicht für die Zukunft zu bekommen.

Die Corona-Krise ist momentan in aller Munde, Herzen und Gedanken. Das Ausmass ihrer Verwüstung wird erst noch sichtbar werden. Wo es vor ein paar Wochen noch als Medienaufbausch abgetan wurde, sich die Witze über die Massnahmen und das Virus an sich in den sozialen Medien häuften, ist heute grosse Verunsicherung und gespenstische Stille zu hören. Menschen trauen sich kaum noch auf die Strasse, sagen nur sehr zaghaft (wenn überhaupt) hallo oder reden nur von Balkon zu Balkon miteinander.


Photo by Martin Naňo / Unsplash

Ich beobachte gerne, so auch den Verlauf der aktuellen Krise. Es kommt mir vor, wie die Wehen einer Geburt: Am Anfang ist man noch entspannt, man macht sich vielleicht noch darüber lustig, dass sich bald alles für immer ändert. Mit jeder neuen Welle der Wehen wird es jedoch ernster und irgendwann ist man so eingenommen von den Schmerzen, dass daneben nichts mehr anderes Platz hat. Man wünscht sich nur noch, dass es endlich vorbei ist. Doch bei der Geburt hält man am Ende im besten Fall ein gesundes Kind in den Armen. Aber leider nicht immer.

Das haben wir kürzlich erlebt, als ich unser Kind, das in der 13. Woche in meinem Bauch gestorben war, gebären musste. Wir wussten von Anfang an, dass wir kein gesundes, lebendiges Baby aus dem Spital nach Hause nehmen werden und dieses Wissen machte die Geburt nicht einfacher. Es machte die Situation eher trostlos und das Kind auch noch gebären zu müssen, schien mir im Voraus eine Zumutung (Empfehlung: Lesenswerter Blogpost dazu von Josua Hunziker). Danach war ich - so komisch es klingen mag - froh, dass ich es geboren hatte. Denn mein Mann und ich konnten die Situation so gemeinsam durchstehen. Mein Körper hatte Zeit mitzukommen. Mein Herz hatte Zeit Abschied zu nehmen. Und ja, es folgte eine Zeit der Trauer, meine Beziehung zu Gott wurde erschüttert. Was erschütterbar ist, ist nicht fest aber Gott hat uns ein festes Fundament versprochen. Es ist Gnade, wenn Gott erschüttert, was in Stürmen nicht halten wird. Wenn er uns aufzeigt, das der Boden auf dem wir vermeintlich sicher stehen, nicht solid ist.

Narrow walking by harbor
Photo by freddie marriage / Unsplash

Vielleicht ist auch die Corona-Krise eine gnadenvolle Erschütterung? Vor Kurzem las ich das Buch Klagelieder in der Bibel, mit dem ich mich bisher noch nie so richtig verbinden konnte. Doch plötzlich machte Sinn, was da steht:

"In seinem Zorn zerschlug er alles, wodurch Israel mächtig war."

Ist es mit Europa nicht ebenso? Was zerschlagen wird ist das Vertrauen auf unseren Wohlstand, die Wirtschaft, dass alles immer im Überfluss verfügbar ist, die persönliche Freiheit des Individuums. Es ist das, was uns mächtig machte und womit wir uns über andere Nationen erheben konnten. Weiter steht in Klagelieder:

"Denn nicht für immer verwirft uns der Herr. Denn wenn er betrübt, erbarmt er sich wieder nach seiner grossen Güte. Denn nicht aus Herzensfreude fügt er Menschen Schmerz und Kummer zu." (Klagelieder 3.31-33)

Es gibt Hoffnung: Gott möchte sich erbarmen. Er lässt uns nicht durch Krisen gehen, weil er uns leiden sehen will oder weil er uns nicht lieben würde. Nein, im Gegenteil! "Er hat eine grössere Vision mit uns, als unser persönliches Wohlergehen", sagt Johannes Hartl in einem Vortrag über Krisen. In der jetzigen Situation können Menschen erkennen, dass Geld, Versicherungen, medizinische Versorgung keine sicheren Werte sind, auf die wir immer zählen können. Denn von einem Tag auf den andern kann alles anders sein. Vermeintliche Sicherheiten lassen uns fallen. Das erleben zurzeit unzählige Menschen hautnah. Diese Krise birgt die Chance sich zu besinnen, was wirklich Bestand hat, worauf man sein Vertrauen wirklich setzen kann.


Photo by Aachal / Unsplash

Wir durften in unserer Situation mit der Fehlgeburt, die uns aus der Bahn geworfen hat, erleben und lernen, dass Gottes Liebe dadurch nicht in Frage gestellt wird. Denn er hat den ultimativen Liebesbeweis schon lange erbracht: Er ist für uns gestorben. Ich lernte in meiner Zerbrochenheit vor Gott zu sein, meine Trauer und meinen Schmerz ihm zu bringen. Das hat eine ganz neue Tiefe in meine Beziehung zu meinem Schöpfer gebracht. Und er hat mein Herz geheilt. Diese "Krise" zu durchlaufen hat mich für immer verändert. Zum Guten verändert.

"Wir wollen unseren Wandel erforschen! Und kehren wir um zu Jahwe!" (Klagelieder 3.40)

Das wollen wir tun, wir wollen als Kirchen für alle Menschen, die momentan grosse Verluste erleiden, beten, dass sie den erkennen können, der ewig Bestand hat. Europa möge sich beugen vor Gott und erkennen, dass Er es liebt und zurückgewinnen möchte. Dieses Gebet begleitet mich jeden Tag. Die Kirche soll sich erheben, leuchten wie nie zuvor und die Menschen auf Gott hinweisen. Ganz praktisch, mit Nächstenliebe, Hilfsbereitschaft, Selbstlosigkeit, Furchtlosigkeit, innovativen Ideen und dem tiefen Vertrauen, dass Gott uns liebt und sich erbarmen möchte.

Countryside man
Photo by Alex Woods / Unsplash

Was soll bleiben, wenn die Krise vorüber ist? Möchtest du einfach dein altes Leben zurück? Oder bist du bereit dich in der Krise nach Gott auszustrecken und dich von ihm verändern zu lassen? Bist du bereit in der Krise Gott zu suchen?

Du bist nur ein Gebet davon entfernt.

Krisen sind Chancen?
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