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Hauptsache gesund?

Ursi Gasser Ursi Gasser

Gesundheit scheint in Zeiten des Corona Virus die Hauptsache zu sein. Doch was geschieht, wenn man trotz allen Vorsichtsmassnahmen krank wird?

"Hauptsache, es ist gesund!", hörte ich immer wieder Leute zu mir sagen, als ich mit meinem dritten Kind schwanger war. Ich wusste jeweils nicht, was ich antworten sollte, denn diese Aussage gab mir ein mulmiges Gefühl. Ist es wirklich das Wichtigste an einem Kind, dass es gesund ist? Was, wenn nicht?

Als ich zwei Wochen nach der Geburt mit meinem kranken Baby im Spital im Isolationszimmer sass, kam mir diese Aussage wieder in den Sinn. Ich hatte Zeit, nachzudenken, denn das Zimmer verlassen durfte ich nur kurz. Mein Baby war zwar gesund zur Welt gekommen, aber es hatte zwei Wochen nach der Geburt die Grippe erwischt, gefährlich für ein Baby in diesem Alter.

Das war noch vor dem Corona-Virus. Mittlerweile ist das Thema Gesundheit in aller Munde. "Bleib gesund!", schrieb ich als Grusswort in einem WhatsApp. Ich schrieb nicht mehr "bis bald". Denn wer weiss, wie bald wir uns wiedersehen dürfen. Zu Hause zu bleiben ist wichtig, doch es kann anstrengend und zermürbend sein.


Photo by Louis Hansel @shotsoflouis / Unsplash

Es ist eine spezielle Herausforderung für die Mütter, die jetzt mit all ihren Kindern zu Hause sind, nichts unternehmen können und sich eigentlich auch nicht mit anderen Familien treffen sollten. Das ist gut für die körperliche Gesundheit, für die Verlangsamung der Virus-Ausbreitung, für die Entlastung des Gesundheitssystems. Doch was macht es mit der Seele?

Wie wichtig die Gesundheit der Seele ist, wurde mir vor einem Jahr so richtig bewusst, als ich unter der vielen Arbeit, die ich mir selbst aufgeladen hatte, zusammenbrach. Ich war damals körperlich krank, aber stellte fest, dass auch meine Seele unter der Belastung stark gelitten hatte. Ich durfte seither lernen, mich selbst besser wahrzunehmen, meine Grenzen zu erkennen, darauf zu achten. Ja, die körperliche Gesundheit ist wichtig, doch die seelische ebenso. Nicht umsonst sprach Dr. Johannes Hartl auf der "MEHR-Konferenz"über das Thema "Ökologie des Herzens".

Vor wenigen Wochen, nach der Geburt unseres dritten Kindes, begann wiederum eine sehr anstrengende Zeit für mich. Unsere ganze Familie hatte die Grippe und wir mussten mit dem Baby einige Tage im Spital verbringen. Danke allen, die für uns gebetet haben in dieser Zeit! Gott hat den kleinen Jonathan berührt und er ist überraschend schnell gesund geworden. In dieser Zeit der Krankheit habe ich mich wieder ganz neu gefragt, was denn die Hauptsache im Leben ist. Ist die Hauptsache körperliche Gesundheit? Wie steht es um meine seelische Gesundheit?

Es wurde mir bewusst, dass ich wieder kurz davor war, mir selbst zu viel Arbeit aufzuladen. Ich habe drei Kinder, davon zwei mit einem kleinen Altersunterschied. Ich habe einen Mann, der 100% arbeitet und mitten im Abschluss seiner Ausbildung steckt, und ich selbst habe daneben noch zwei Arbeitsstellen mit je einem 20% Pensum: Ich arbeite als Redakteurin und Autorin für diesen Blog von FCTchurch und als Pflegefachfrau auf der Intensivstation. So sehr es schmerzte, so klar wurde mir, dass es zu viel war. Schweren Herzens habe ich mich entschieden, meine Arbeit als Redakteurin des Blogs aufzugeben.

Körperliche und seelische Gesundheit ist enorm wichtig! Doch ist es die Hauptsache? Manchmal schon. Doch manchmal ist man trotz allen Vorsichtsmassnahmen krank und überlastet. Und dann?

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Photo by Nicolas Ukrman / Unsplash

Ich habe eine Antwort auf die Aussage "Hauptsache gesund!" gefunden: Ja, Gesundheit ist wichtig. Es gilt, alles daran zu setzen, gesund zu bleiben, körperlich und seelisch. Doch das kann nicht die Hauptsache sein. So oft läuft es im Leben nicht rund, nicht wie gewünscht, nicht wie erhofft. Wichtiger scheint mir in allen Herausforderungen, jemand zu haben, der durch die Stürme hindurch trägt.

Jemanden, der durch alle Schwierigkeiten, alle Krankheit hindurch trägt, mich auffängt, wenn ich nicht mehr kann und falle. Das können liebe Menschen, liebe Freunde sein. Doch auch Freunde sind manchmal krank und am Ende ihrer Kräfte. Ich bin dankbar, einen Gott kennen zu dürfen, der mich schon so oft getragen hat und weiterträgt. Einen Gott, zu dem ich eine persönliche Beziehung habe, mit dem ich sprechen kann, dessen Trost ich real erleben kann. Dessen Kraft ich im Alltag erfahre, auch wenn alles drunter und drüber geht.

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Photo by Priscilla Du Preez / Unsplash

Hauptsache gesund? - Nein! Hauptsache, da ist jemand, der mich in allem Leid und in allen Schwierigkeiten trägt.

In dem Sinn verabschiede ich mich als Redaktorin von diesem Blog! Danke Joanna und Emanuel, dass ihr vorerst die Redaktion des Blogs übernehmt. Ich wünsche euch allen, dass ihr gesund bleibt und ihr euch in allen Herausforderungen von unserem mächtigen Gott getragen wisst!

Ursi Gasser

Ursi Gasser

Frau, Ehefrau, Familienfrau, Pflegefachfrau mit Weiterbildung auf Intensivpflege, freischaffende Journalistin

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