Zuhause sitzen, einen Blogpost schreiben, statt die Predigt von Sonntag vorzubereiten. Schreiben fällt mir leichter. Mir fehlt grad innerlich die Ruhe, mich auf die Predigt zu konzentrieren.
Die aktuelle Situation ist für uns alle neu, aussergewöhnlich und hat es so noch nie gegeben in meiner Zeit, in unserem Land. Die grösste Mobilisierung der Armee seit dem 2. Weltkrieg. Eine Volksabstimmung wurde zuletzt 1951 verschoben. Läden und Schulen sind geschlossen. Die Kirche ist leer, es finden keine Gottesdienste oder andere Treffen statt. Ungewohnt. Beängstigend? Für einige, aber nicht für alle.
Krisen sind immer Chancen
Aber wofür? Um das Homeoffice zu etablieren? Schnellere Internetverbindungen herzustellen? In den Medien häufen sich die Tipps, wie wir unsere Zeit vertreiben können. Anders als sonst, denn es gilt:
- Bleiben Sie zuhause
- Social Distancing - Abstand halten
- Waschen Sie sich die Hände - mehr als sonst
Und die vielen Tipps?
- Entschleunigen
- Ein gutes Buch lesen
- Die Familie geniessen
- Telefonieren statt sich zu treffen
- Denen helfen, die Hilfe brauchen
- Nur einmal täglich Nachrichten schauen
- Nicht allem glauben, was in den sozialen Medien auf uns einprasselt
Was läuft bei uns zuhause?
Die Decke ist mir schon mehrmals auf den Kopf gefallen, putzen mag ich grad nicht, Kleider ausmisten, oh nein bloss nicht. Beschäftigt bin ich und zwar damit: Meiner Mutter zu sagen, sie soll nun definitiv nicht mehr einkaufen gehen, auch wenn sie gesund ist und sich weder als Risikogruppe fühlt, noch wie über 65 aussieht (sie ist es trotzdem!). Meiner Tochter zu antworten, dass wir nun nirgendwo hingehen können, wenn sie mich fragt: "Can we go now?" (Sie möchte im DM in Konstanz neue Nuggis kaufen gehen. Geht leider nicht mehr.) Mit der IV-Stelle zu telefonieren, wie wir das handhaben mit den Assistenzstunden, ob wir diese weiterhin beanspruchen dürfen und in welchem Rahmen, mit welchem Risiko. Meine Spitalmails viel häufiger abzurufen, ob es nun neue Weisungen gibt. Auf den Anruf zu warten zum Einspringen auf der Intensivstation.
Home Office und Home Schooling am Küchentisch, gleichzeitig. Aber das geht nur, weil unser behindertes Kind weiterhin in der Sonderschule betreut werden kann, eine Ausnahme. Danke dafür! Wie lange, werden wir sehen. Von Tag zu Tag. Und das ist für mich die grösste Herausforderung. Und wohl nicht nur für mich. Nicht zu wissen, wie lange das Ganze dauert, wann die Epidemie den Peak erreicht, ob die Zustände in den Spitälern und Intensivstationen wirklich so prekär werden, wie von Fachleuten befürchtet.
Mich als IPS-Schwester, also als Pflegefachfrau mit Zusatzausbildung in Intensivpflege, erschrecken diese Bilder aus Italien sehr, denn von meinem Arbeitsort sind mir die Geräte, Schläuche und Schutzbekleidung bekannt, ich erkenne gleichzeitig auch den absoluten Ausnahmezustand und die enorme Überlastung aller Betroffenen: Patienten, Angehörige und Spitalpersonal. Mein Arbeitsort ist gerüstet, das Spital arbeitet im Notfallbetrieb, es herrscht Besuchsverbot. Jetzt ist es noch ruhig. Noch.
Es ist ruhig geworden
Nur weil es auf den Strassen, Schulhausplätzen und in den Dörfern ruhig ist, heisst das nicht, dass es auch innerlich ruhig zu und her geht. Es ist einfach zu sagen:
Immer mit der Ruhe!
Doch woher kommt diese? Wo finde ich sie? Wie kommt sie in mein Haus, meine Gedanken und meine Seele?
Wo findest du sie? Schreib in die Kommentarfunktion und lass uns so Leben teilen, für einander da sein, einander trotz Distanz nahe sein! (Und ja, es braucht ein Login, doch du hast nun ganz viel Zeit, eins zu erstellen, andere werden dir danken und ich freue mich über deinen Kommentar!)
Photo by Amaury Gutierrez / Unsplash
Ich weiss, wo ich die Ruhe suchen kann. Im Gebet. (Wie gut, dass es in der Predigtserie von FCTchurch seit Anfang Jahr genau um dieses Gebet geht!) Gott ist nur ein Gebet von mir entfernt. Da ist die Quelle der Ruhe. Von dieser zu trinken, das geht aber nicht per Knopfdruck, ein Wort und ich bin in Watte gepackt und alle Unsicherheiten und Ängste sind weg! Schön wär's! (Sonst hätte ich ein Gebet sprechen können und völlig tiefenentspannt und konzentriert die Predigt vorbereiten können. Fehlanzeige. Bei mir auf jeden Fall.) Gott stellt uns in Herausforderungen, um daran zu wachsen, darin zu lernen, aus seiner Ruhe zu handeln, um unser Gottvertrauen zu festigen und um voneinander abhängiger zu werden. Wenn es uns gut geht, brauchen wir ja nichts und niemanden!
Jetzt ist die Zeit, für einander da zu sein, einander zu tragen und zu lernen, im Moment zu leben. Tag für Tag, im Jetzt. Keine Hamstereinkäufe, keine Panikmache, keine Anschuldigungen und bitte keine Verschwörungstheorien. Bitte immer mit der Ruhe des Herrn!