Ich mag Gold und Glitzer und suche immer wieder nach meiner inneren Mitte. Gleichzeitig kann und möchte ich nicht in der Mitte meines Lebens stehen bleiben und verharren.
Mein Sohn schwärmt beim Mittagessen von seiner Klassenlehrerin: "Ich habe die beste Lehrerin der Welt!" Er lächelt und freut sich sichtlich! Der nächste Satz schockiert mich: "Mami, warum bist du eigentlich nicht glücklich mit deinem Leben?" Ich bin sprachlos, muss mal zuerst Luft holen. Ich frage nach, wie er denn darauf komme, dass ich nicht glücklich sei. Denn ich finde, ich bin im Moment grad recht happy! Selbst- und Fremdwahrnehmung sind scheinbar verschieden. Mein Sohn meint auf mein Nachfragen, dass er deshalb darauf komme, weil ständig dies, das und jenes nicht gut sei. In letzter Zeit sei sein Zimmer immer wieder nicht gut... nicht aufgeräumt, seine Schuhe, Jacken und anderes in der Wohnung verteilt. Unser mittlerer Sohn wirft gerne Gegenstände um sich, unsere Tochter räumt alle Schubladen aus und um. Wenn es aufgeräumt ist, bin ich definitiv glücklicher, als wenn Chaos herrscht! Da finde ich besser meine Mitte. Ob er das gemeint hat? Wohl nicht nur.
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Die letzten vier Jahre waren intensiv, körperlich und emotional, für uns alle in der Familie. Glück und Überforderung lagen nah beieinander, wechselten sich oft ab. Die Mitte fand ich selten, es war ein Durchhalten in einer strengen Zeit. Doch wir merken, dass es leichter wird! Vielleicht hat mich deshalb diese Aussage so vor den Kopf gestossen.
"Kinder sind ein Spiegel." Ein Zitat von meinem Mann! Immer wieder kommt dieser Satz und ich gebe ihm Recht. Kinder spiegeln uns Eltern. Sie erleben uns hautnah, nehmen auf, wie es uns geht und spiegeln uns dann eben. Ich schaue nicht immer gern in den Spiegel! Das kommt schon darauf an, wie ich mich fühle und wie ich gerade aussehe. Dem Spiegel an der Wand können wir ausweichen, dem Spiegel der Mitmenschen auch und uns zurückziehen, sogar von unseren Kindern und unseren Liebsten. Doch ich nehme diese Aussage von meinem Sohn ernst und möchte sie weder schön reden noch abtun.
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Das Abbild im Spiegel ist eine Momentaufnahme. Als ich meinen Sohn heute fragte, ob er immer noch denke, dass ich nicht glücklich sei, sagte er: "Nein!" Puhh, da atme ich mal auf! Nachdenklich macht es mich trotzdem.
Vor zwei Wochen feierte ich meinen vierzigsten Geburtstag. Statistisch gesehen möglicherweise die Mitte meines Lebens. Anlass für eine Standortbestimmung? Eine Einschätzung des Glücksbarometers? Nein, diese mache ich unabhängig von der Zahl meiner Lebensjahre. Und doch blicke ich mal kurz auf die letzten zehn Jahre zurück und es ist fast nichts mehr wie damals.
Herausfordernde Lebenssituationen zwingen mich, genau hinzuschauen und mich zu fragen, was im Leben wirklich zählt. Worauf kommt es an? Was suche ich? Was sehe ich? Nur das Schlechte? Rede ich alles schön? Und gibt es in diesen Fragen auch als Antwort eine goldene Mitte?
Mit fünfundreissig Jahren hatte ich mit dem Gedanken gespielt, vor vierzig mal noch einen Marathon zu laufen. London am liebsten, weil ich die Stadt so liebe und mir damals das Laufen guttat und Freude bereitete. Ein Marathon als ein Ziel, eine Herausforderung, eine Meisterleistung. Aber dreimal die Woche eine Runde laufen zu gehen oder einen Marathon zu absolvieren sind dann doch zwei paar ganz unterschiedlich grosse Schuhe. Nun habe ich nach langer Babypause wieder angefangen zu laufen, vierzig bin ich und ich werde wohl kaum einen Marathon laufen in meinem Leben. Also keinen "42,195km Strecke durch eine Stadt-Marathon". Mein Alltag ist manchmal schon Marathon genug. Das genügt und ist gut so, denn ich möchte in Bewegung bleiben, in allen Lebensbereichen.
Ich mag Gold und Glitzer, das spiegelte sich auch in den Geburtstagskarten wieder, die ich bekommen habe. Und doch ist nicht alles Gold, was glänzt und die wirklich wichtigen Dinge im Leben sind nicht käuflich. Es sind nicht die Schätze, die wir sammeln, die uns glücklich machen. Es sind Schätze, die wir geschenkt bekommen. Freundschaften. Gesundheit. Freude. Zugehörigkeit. Ein Sinn im Leben. Ein Leben nach dem Tod. Angenommen zu sein, ohne etwas zu leisten.
In Gott haben wir Menschen all dies geschenkt bekommen. Was Jesus sich wünscht, ist, die Mitte unseres Lebens zu sein. Da liegt die goldene Mitte, in der Beziehung zu Gott, nah am Herzen des Vaters im Himmel, der bedingungslos liebt. Da suche ich sie immer wieder. Ob ich laufe oder lache, ob ich traurig bin oder mich über die Unordnung nerve, ob ich Problemen aus dem Weg zu gehen versuche, ob ich die Luft anhalte oder tief einatme. Jesus gibt mir Stabilität und ist meine Mitte. In seiner Nähe muss ich nichts schönreden, er weiss sowieso alles. Er kennt mein Herz und weiss genau, wie ich es meine. Er verurteilt mich nicht wegen meiner Schwachheit, sondern stärkt mich durch seine Liebe, Annahme und Vergebung. Er ist die Antwort auf meine vielen Fragen. Das macht mich glücklich, denn er ist goldwert!