Zwei Sprüche haben mich durch die Woche begleitet und so einiges in mir bewegt. Meine Gedanken und meine Fragen über Helden, Barmherzigkeit und den wahren Helden, Jesus.
Der Spruch in meinem Postkarten Kalender von letzter Woche war folgender:
Wer den Alltag meistert, ist ein Held.
Mein erster Gedanke: "Echt jetzt?"
Helden sind doch Menschen, die Grosses leisten, Schwierigkeiten meistern, Leben retten, ihr Leben riskieren, Aussergewöhnliches vollbringen, über ihre Grenzen hinausgehen und grosse Ziele erreichen! Den Alltag zu meistern ist nicht auf meiner Liste anzutreffen, oder wenn, dann nicht sehr weit oben. Blicke ich jedoch zurück aufs vergangene Jahr, war es für mich kein Leichtes, meinen Alltag zu meistern. Da waren viele Herausforderungen, viel Neues, körperliche Limitationen, emotionale Krisen. Der Alltag war immer wieder ein Kampf. Und auch heute läuft mein Alltag nicht immer rund. Bin ich vielleicht doch ein Held, wenn ich diesen Alltag meistere? Und mache ich das denn überhaupt? Nach welchen Massstäben und Kriterien? Was ist denn überhaupt mein Alltag? Was geht da drüber hinaus? Wann sind Heldentaten gefragt?
Wenn ich genau hinschaue, liegen da doch täglich Herausforderungen in meinem Alltag. Dessen bin ich mir eigentlich voll bewusst und meistere diese mal besser, mal schlechter. Eigentlich. Aber das als Heldentat zu benennen? Ich weiss nicht recht.
Dann sind da aber auch die Ereignisse und Herausforderungen, die eben nicht alltäglich sind und diese gefallen mir, denn ich mag Abwechslung, Spannung und den Challenge! Alltag tönt immer mal wieder nach Langeweile... wieso nur? Stösst mich darum dieses Zitat vor den Kopf?
Wann ist ein Held ein Held?
Wikipedia schreibt:
Ein Held (althochdeutsch helido) ist eine Person, die eine Heldentat, also eine besondere, ausseralltägliche Leistung vollbringt. Dabei kann es sich um reale oder fiktive Personen handeln, um Gestalten der Geschichte, aber auch aus Legenden oder Sagen. Seine heroischen Fähigkeiten können von körperlicher Art (Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer usw.) oder auch geistiger Natur sein (Mut, Aufopferungsbereitschaft, Kampf für Ideale, Tugendhaftigkeit oder Einsatzbereitschaft für Mitmenschen).
Diese Definition ist gar nicht so weit weg von meinen ersten Gedanken! Da kommt also meine Prägung her.
Und der Wochenspruch? Held sein, wenn ich den Alltag meistere? Dieser Aspekt fehlt in dieser Definition. Warum nur? Warum schafft es dieser Spruch denn in meinen Postkarten-Kalender?
Ist das Alltag oder Aussergewöhnliches?
Eines fällt mir leicht: Anderen zuzusprechen, dass sie Helden und Heldinnen sind! Heldinnen, die Nächte durchwachen mit ihren kranken Kindern und am nächsten Tag den Alltag meistern ohne zu murren. Heldinnen, die grossherzig und hilfsbereit sind. Heldinnen, die für andere beten und sie mittragen. Heldinnen, die in schwierigen Situationen durchhalten und ihr Vertrauen in Gott nicht verlieren. Helden, die dem grossen Leistungsdruck unserer Gesellschaft standhalten und nicht daran kaputt gehen. Helden, die die Doppelbelastung von Arbeitswelt und Familienmensch sein stemmen, auch wenn diese Rollen gar nicht mehr klar definiert sind in unserer Gesellschaft und Erwartungen keine Grenzen kennen. Heldinnen und Helden, die nach Erschütterung oder nach kaputten Lebensträumen den Mut zum Weiterleben nicht verlieren und mit beiden Beinen im Leben stehen. Helden, die mit chronischen Krankheiten und Verlusten den Lebenswillen behalten und Momente geniessen können. Heldinnen und Helden, die sich Hilfe holen, wenn sie Probleme und Schwierigkeiten haben und sich diesen stellen. Den Alltag meistern, eben. Wieso nach dem Ausseralltäglichen greifen und das Alltägliche gering erachten?
Wo hört der Alltag auf und wann beginnt das Aussergewöhnliche? Gibt es da vielleicht einen fliessenden Übergang? Ist dieser Übergang für jeden an einem anderen Ort? Ist das auch gut so?
Wie soll ich denn überhaupt Heldentaten erreichen, wenn ich nicht mal den Alltag meisten kann? Dieser Spruch weist mich auf eine gesunde Reihenfolge hin und das befreit. Der Spruch beinhaltet viel Wertschätzung und setzt die Messlatte nicht so hoch, wie gesellschaftliche Normen und Definitionen es manchmal gerne tun. Ich finde das befreiend!
Als ich nach den Skiferien unsere Post durchschaute, entdeckte ich ein Couvert, Post einer Freundin. Da drin war ein Schild (ich mag ja bekanntlich Schilder) mit folgendem Spruch:
Die Güte des Herrn hat kein Ende, sein Erbarmen ist jeden Morgen neu.
Den ersten Teil finde ich toll! Den zweiten? Erbarmen tönt nach erbärmlich und bin ich denn erbärmlich, dass ich Gottes Güte brauche? Ist das nur für Schwache, eben solche, die nicht mal den Alltag meistern?
In der Bibel habe ich das Wort Erbarmen gesucht und bin 73mal fündig geworden! In anderen Bibelübersetzungen 59mal, auch nicht gerade wenig. Und wenn ich nach der Wortbedeutung schaue, kommt in der Aufzählung nicht erbärmlich vor, sondern barmherzig! Begnadigen, Gnade empfangen. Da waren meine Verlinkungen also falsch. Wie gut, dass ich dies erkennen kann!
Diese zwei Sprüche haben mich durch die Woche begleitet, meine Gedanken wanderten vom Held sein im Meistern des Alltags zu Gottes Erbarmen, das jeden Tag neu ist.
Die Barmherzigkeit von Gott in Jesus
Es ist die Botschaft von Jesus, es ist das Evangelium, das sagt, dass Gott Erbarmen hat mit uns Menschen. Und zwar mit jedem Menschen, unabhängig von seinen Helden- oder Unheldentaten. Von seinem Gelingen oder Versagen. Alle sind gleich viel wert, so viel, dass Jesus gestorben ist für dich und mich, um die Beziehung zum Vater im Himmel wiederherzustellen. Weil du es ihm wert bist. Er ist der wahre Held! Und wir können Gutes tun, wir können unsere Leben meistern, Kleines und Grossartiges vollbringen. Sein Erbarmen können wir uns weder verdienen noch erkaufen, es ist geschenkt. Es ist Gnade. Ausschlagen können wir dieses Erbarmen auch, das ist möglich und schnell passiert. Unseren Alltag alleine meistern, auf unsere eigene Güte und unser eigenes Können setzen, unserer eigenen Definitionen nachgehen.
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Ich habe mir eingestanden, dass, auch wenn ich mich nicht erbärmlich fühle, ich dieses Erbarmen, diese Barmherzigkeit brauche und möchte in meinem Alltag, jeden Morgen neu. Für mich selbst und für mein Umfeld, im Alltag und in aussergewöhnlichen Situationen. Ich habe mich daran erinnert, wie gut es ist zu wissen, dass es genügt, "einfach nur" den Alltag zu meistern und ich nicht immer mehr von mir verlangen muss. Und wenn ich es nicht schaffe, den Alltag zu meistern, kommt wieder ein Tag, an dem es geht, weil Gottes Güte jeden Tag neu ist! Auf diese Güte baue ich und vertraue ich! Wenn es mir gut geht, wie im Moment und wenn die nächsten Stürme heranziehen.
Dieser Spruch ist nun auf meinem Nachttisch, so sehe und lese ich ihn jeden Morgen.
Was liest du jeden Morgen?