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Wenn Männer loslassen

Emanuel Hunziker Emanuel Hunziker

Männer haben Angst. Schwäche zeigen liegt aber nicht drin. Wir wurden geboren um stark zu sein. Wie geht Mann damit um? Darum ging es am Männertag auf der Burgruine Castell in Tägerwilen.

"Heute geht es um Angst." Mit diesen Worten eröffnete Marcel Hager am Samstag Morgen, 17. November 2018, den ersten Outdoor Männertag von fct church. Hager ist zertifizierter Erlebniscoach und Gründer von 4M-Schweiz, einer Männerbewegung, die körperliche Erfahrung mit geistlichen Inhalten verknüpft. Auf dem Programm standen Seilbrückenbau über den Burggraben als Teamaufgabe und Pfeilbogenschiessen. Das Mittagessen wurde über dem offenen Feuer zubereitet.

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Wärmender Kaffee und Gipfeli? Fehlanzeige. Die raue Biese lies so manchen der 30 Teilnehmer seinen Nacken einziehen, während wir den Worten des Coaches unsere Aufmerksamkeit schenkten. Innere Wärme wurde trotzdem generiert, wenn auch nicht durch heisse Getränke, dann doch mit glühenden Worten und entschlossenen Taten.

Das Gegenteil von Stärke ist nicht Schwäche, sondern Angst.

Diese Aussage Hagers liess uns aufhorchen. Er sprach dabei nicht als einer, der über der Sache steht und uns gleich eines abgebrühten Kriegsveteranen belehren will. Ganz im Gegenteil. Er stellte von Anfang an klar, dass Angst auch für ihn ein reales Thema ist und er darum diesen Tag auch zu seinem eigenen Nutzen mit uns zusammen durchleben will. Das kam echt und ehrlich herüber.

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Wir Männer haben alle dasselbe Problem. Wir sind nicht nur davon überzogen, dass wir das Leben alleine schaffen können, sondern auch müssen.

Die Angst davor, nicht stark genug zu sein, nicht bereit für die Aufgaben des Lebens, im Beruf, Ehe und Familie, ist real. Diese Angst ist so alt wie die Menschheit selbst. Schon der erste Mensch verfiel der Lüge, dass er besser dran sei, wenn er ohne Gott sein Leben in die Hand nähme. Als Gott ihn dann besuchte, versteckte er sich, weil er Angst hatte. Der erste Mann hatte weder jemanden belogen oder ermordet, noch eine Bank ausgeraubt. Und trotzdem schämte er sich, als Gott vorbeikam. Er hatte Angst, nicht zu genügen und nicht stark genug zu sein. Wer alleine stark sein will, darf keine Schwäche zeigen. Schwäche wird somit zum Tabuthema. Die Folge davon war Angst. Angst zu versagen, Angst zu enttäuschen und enttäuscht zu werden.

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Ja, Gott hat uns Männer dazu erschaffen, stark zu sein. Aber diese Stärke kommt aus der Freundschaft mit Gott und durch echte Freundschaften mit anderen Männern, nicht aus dem Einzelgängertum. Da hat auch Schwäche Platz und Mann kann trotzdem stark sein, denn Gottes Kraft kommt gerade in der Schwachheit zur vollen Auswirkung. Die Herausforderung als Mann besteht darin, sich seiner Angst zu stellen und sie mit Vertrauen auf Gott zu überwinden.

Wir müssen unsere ganz persönliche Angst zuerst benennen, bevor wir sie mit Gottes Hilfe überwinden können.

Jesus setzte bei seinen Jungs genau an dem Punkt an. Er konfrontierte sie mit ihrer Angst und trainierte sie darin, die Angst durch Vertrauen auf Gott zu überwinden. Er unternahm mit ihnen viele erlebnispädagogische Trips und brachte sie bis an den Rand der Verzweiflung. Dies geschah beispielsweise, als sie den Auftrag fassten, ans andere Ufer vom See Genezareth zu fahren um dort zwei Männer zu befreien, die von Dämonen besessen waren und in Höhlen lebten. Doch bevor sie diesen Männern helfen konnten, mussten sie sich ihrer eigenen Angst stellen. Sie gerieten auf dem See in einen Sturm, der immer heftiger wurde, sodass sie um ihr Leben bangten. Jesus, der im Boot schlief, stillte den Sturm erst dann, als sich diese Angst bei den Jünger so sehr manifestierte, dass sie ihn in Todesangst anschrien.

Jesus antwortete ihnen: »Warum habt ihr Angst? Vertraut ihr mir so wenig?« Dann stand er auf und befahl dem Wind und den Wellen, sich zu legen. Sofort hörte der Sturm auf, und es wurde ganz still.

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Die praktische Aufgabe bestand in Folge darin, in Teams Seilbrücken über den Burggraben zu bauen. Vor dem Überqueren definierte jeder seine ganz persönliche Angst, mit der er konfrontiert ist. Jeder suchte einen Stein, der seine persönliche Angst symbolisierte und warf diesen dann, teils unter lautem Schreien und Applaus der Zuschauenden, von der Mitte der Brücke in die Tiefe.

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Die Angst loslassen und Gott vertrauen lernen, darum ging es. Wir nahmen die Herausforderung an und nahmen ein wertvolles, körperliches Erlebnis in der Natur mit enger Verbindung zur tiefgreifenden Botschaft Hagers mit nach Hause.

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Nach dem Mittagessen, bestehend aus Cervelat, Schlangenbrot, Suppe und leckeren Beilagen, bei dem ein reger Austausch stattfand, ging es weiter mit Bogenschiessen - einer weiteren Lektion fürs Leben!

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Hager erzählte uns eine Begebenheit aus dem Leben von König Joschafat. Ihm und seinem Reich wurde von feindlichen Königen der Krieg erklärt. Diese rückten in grosser Überzahl aus, um ihn zu besiegen und sein Volk zu versklaven. Eine ausweglose Situation. Wie verhielt sich König Joschafat? Er machte folgende 5 Schritte: (1) Er fokussierte sich auf Gott, (2) erinnerte sich an Gottes Zusagen, (3) klagte Gott seine Überforderung, (4) liess los, überliess Gott die Lösung und (5) dankte Gott am Schluss, noch bevor sich überhaupt irgendetwas an der Situation verändert hatte.

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Gott antwortete durch einen Leviten und liess dem König sowie dem ganzen Volk ausrichten:

Ihr selbst braucht nicht zu kämpfen; bleibt ruhig stehen und schaut zu, wie ich, der Herr, für euch den Sieg erringe.‹ Habt keine Angst, ihr Bewohner von Juda und Jerusalem, erschreckt nicht! Zieht ihnen morgen entgegen und der Herr wird bei euch sein.«

Joschafat und sein Volk durften am nächsten Tag eine Erfahrung machen, die sie für den Rest ihres Lebens prägte. Ihre Feinde gerieten aneinander und vernichteten sich gegenseitig. So half Gott seinem Volk, ohne dass dieses mit seinen Feinden in eine direkte Auseinandersetzung geriet.

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Nachdem wir die 5 Schritte von König Joschafat theoretisch verinnerlicht hatten, ging es in die Praxis über. Die Aufgabe bestand darin, über diesen Schritten beim Pfeilbogenschiessen zu meditieren und sie zu verinnerlichen. Aufs Ziel fokussieren, sich erinnern, klagen was einen bedrückt, loslassen und Gott danken. Ab dem Zeitpunkt, wo Mann den Pfeil loslässt, hat Mann ihn nicht mehr unter Kontrolle. Ab dann ist es Gottes Sache.

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  1. Fokussieren
  2. Erinnern
  3. Klagen
  4. Loslassen
  5. Danken

Auch diese Übung war sehr hilfreich und produzierte lebendige Erfahrungen, die jeder vor Ort ganz persönlich verinnerlichen und durchleben durfte und am Schluss mit nach Hause nehmen konnte.

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Wir schlossen den Tag mit einem kleinen Turnier ab, bei dem sich ausgerechnet die beiden fct church Pastoren duellierten. Der Hauptpastor behielt schlussendlich die Nerven und holte den Turniersieg nach Hause!

Alles in allem ein erlebnisreicher Tag mit spannender Aktion und viel Tiefgang. Wiederholung erwünscht!

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